#Energiekrise

Die fossile und nukleare Energiekrise

Martin Winder – 9. September 2022

Mehrere Krisen setzen die Energieversorgung in Europa unter Druck. Hauptsächlich mangelndes und teures Gas sowie altersschwache Atomkraftwerke gefährden die Versorgungssicherheit. Energie ist plötzlich knapp und teuer.

Bereits voriges Jahr kam es zu einem Preisanstieg bei Erdgas und Erdöl, der sich aufgrund des Krieges in der Ukraine 2022 fortgesetzt hat. Da gleichzeitig wegen technischer Probleme ein grosser Teil der französischen Atomkraftwerke ausfallen und deren Stromproduktion grösstenteils durch Gaskraftwerke ersetzt wurde, sind auch die Strompreise stark angestiegen.

Gleichzeitig litt die Stromproduktion der Wasserkraftwerke unter den geringen Niederschlägen des vergangenen Sommers. Aber auch fossile und nukleare Kraftwerke mussten ihre Produktion drosseln oder einstellen, weil das Kühlwasser zu warm oder nicht ausreichend vorhanden war. Der Wassermangel beeinträchtigt die Frachtkapazitäten der Flussschifffahrt, was die Kohleversorgung einiger Kraftwerke beeinträchtigt, respektive zu höheren Produktionskosten führt. Der sinkende Pegel des Rheins hat das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung BLV dazu bewogen Erdölpflichtlager freizugegeben, um Engpässen vorzubeugen. Denn über den Rhein gelangt rund ein Viertel der in der Schweiz verbrauchten Erdölprodukte ins Land.

Die Preissteigerungen und drohenden Engpässe werden in erster Linie durch die Abhängigkeit von fossilen und nuklearen Energieträgern ausgelöst. Die ausbleibenden Regenfälle zeigten aber auch die Auswirkungen der Klimaerhitzung auf die Energieversorgung. Wie geht es nun im Winterhalbjahr weiter, wenn der Bedarf nach Strom und Gas nochmals ansteigen wird? In welchem Umfang Gas aus Russland oder anderen Staaten zur Verfügung stehen wird und in welchem Umfang französische Atomkraftwerke den Betrieb wieder aufnehmen können, ist ungewiss.

Kurzfristig sparen, langfristig handeln

Um Versorgungsunterbrüche zu vermeiden, muss der Energieverbrauch so weit als möglich gesenkt werden. Das schont die Reserven und gilt unabhängig vom Energieträger. Der Bund hat dazu eine Kampagne lanciert, die dazu aufruft, den Strom- und Heizenergieverbrauch zu reduzieren. Der Bund verzichtet dabei leider auf Empfehlungen zum Energiesparen im Strassenverkehr. Zwar ist die Lage bei der Treibstoffversorgung trotz Zugriff auf die Pflichtlagerreserven nicht so dramatisch wie bei Strom und Gas. Dennoch ist auch die Erdölversorgung beeinträchtigt. Daher ist es auch sinnvoll, den Verbrauch von Erdölprodukten zu reduzieren. Hinzu kommt, dass Diesel und Heizöl in Zweistoffanlagen Erdgas ersetzen soll und Generatoren das Stromnetz entlasten bzw. bei Stromausfällen ersetzen sollen.

Was alle sofort tun können, um bei der persönlichen Mobilität Energie zu sparen:

  • Weniger Auto fahren und vermehrt das Velo oder den öffentlichen Verkehr nutzen

  • Ecodrive-Regeln anwenden. Denn mit einer energieeffizienten Fahrweise kann 10 bis 15 Prozent Energie gespart werden. Weitere Infos auf www.ecodrive.ch

Weitere Energiespar-Tipps finden Sie auf der Webseite des Bundes: www.nicht-verschwenden.ch

Jetzt handeln, um langfristig die Probleme zu lösen

Die aktuelle Energiekrise ist eine Krise der Atom- und Fossil-Branche. Die Antwort darauf ist die ohnehin dringend überfällige Energiewende.

Die Abhängigkeit von fossilen und nuklearen Energieträgern muss durch die Verbrauchsreduktion und den Ersatz durch umweltschonend genutzte erneuerbare Energieträger überwunden werden. Die Massnahmen, um diese Transformation umzusetzen, werden kaum dazu beitragen, die angespannte Versorgungslage im kommenden Winter zu verbessern. Dennoch bzw. gerade deshalb darf mit der Umsetzung nicht gewartet werden, wenn wir nicht in den kommenden Jahren ähnliche Versorgungskrisen erleben wollen.

Für den Mobilitäts-Sektor hat der VCS den einzuschlagenden Pfad mit den Szenarien fossilfreier Verkehr und dem Masterplan fossilfreier Verkehr aufgezeigt: www.fossil-frei.ch

Als Teil der Umwelt-Allianz hat der VCS auch an der Erstellung eines umfassenden Vorschlags zur Umsetzung der Energiewende mitgewirkt. Darin enthalten sind insbesondere Vorschläge wie der Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion durch Wind- und Sonnenenergie beschleunigt werden kann, ohne den Umweltschutz einzuschränken: https://energiewende2035.umweltallianz.ch/

Elektroautos und die Versorgungssicherheit

Kurzfristig fallen E-Autos nicht ins Gewicht, längerfristig sind sie notwendig für die Energiewende und den Klimaschutz.

Der Stromverbrauch von Elektroautos fällt derzeit kaum ins Gewicht. Aktuell beträgt der Anteil der Elektroautos weniger als 2% am Personenwagen-Bestand. Der Anteil am Stromverbrauch liegt etwa bei 0,3 Prozent.

Elektroautos sind Teil der Lösung und nicht Teil des Problems und sollen einen wesentlichen Beitrag zum Ausstieg aus der Nutzung fossiler Treibstoffe leisten. Benzin- und Dieselautos verbrauchen pro Kilometer rund 3 mal mehr Energie als Elektroautos.

Statt Elektroautos auszubremsen, muss der Verkauf von Verbrenner-Fahrzeugen so rasch wie möglich gestoppt werden. Denn einmal verkauft, verbleiben die Fahrzeuge im Durchschnitt 18 Jahre im Bestand. Die Abhängigkeit von Erdölimporten kann darum selbst bei einem raschen Verkaufsstopp nur langsam abgebaut werden. Dadurch wird auch der Strombedarf für die Elektromobilität nur langsam ansteigen. Würde der gesamte Autobestand der Schweiz durch E-Autos ersetzt, so ergäbe sich ein Verbrauchsanstieg um 15 Prozent. Grundsätzlich wäre es möglich diesen zusätzlichen Strombedarf aus erneuerbaren Quellen zu decken. Dennoch ist es umweltschonender und kostengünstiger, gleichzeitig zu einer Umstellung auf die Elektromobilität auch die Anzahl der Autos zu reduzieren. Dazu sollte das Verkehrswachstum gebremst und der Anteil des öffentlichen Verkehrs, sowie des Fuss- und Veloverkehrs erhöht werden.

Ineffiziente Elektroautos werden zu einem Problem

Elektroautos müssen aber auch weiterentwickelt und besser werden. Der bereits bei Verbrenner-Autos vorherrschende Trend zu immer grösseren und schwereren Autos zeigt sich auch bei Elektroautos. Leider ist daher der Stromverbrauch vieler Elektroautos viel zu hoch.

Wieviel Strom die Elektromobilität in Zukunft brauchen wird, hängt sehr stark davon ab, welche Elektroautos in den nächsten Jahren verkauft werden. Wie bei Kühlschränken, Staubsaubern oder Leuchtmitteln braucht es auch für Elektroautos dringend Energieverbrauchsgrenzwerte.

Elektroautos als Speicher

Elektroautos können in einigen Jahren als Stromspeicher einen wichtigen Beitrag zum Ausgleich von Stromproduktion und Verbrauch leisten. Im Pilotprojekt V2X Suisse werden 50 Elektroautos des Carsharing-Anbieters Mobility bidirektional geladen. Das heisst, diese Autos können, wenn sie an einer Ladestation angeschlossen sind, bei Bedarf Strom aus der Batterie wieder ins Netz einspeisen. Kann die Technik auf die ganze Mobility-Flotte von 3000 Fahrzeugen ausgedehnt werden, so stünde eine Leistung von 60 Megawatt zur Verfügung. Damit könnte die Mobility-Flotte dem Stromnetz mehr Leistung zur Verfügung stellen als zum Beispiel das Tessiner Pumpspeicherwerk Peccia im Vallemaggia mit 54 Megawatt Leistung.

Einschränkungen der Strassenbeleuchtung

Eine diskutierte Möglichkeit Strom zu sparen, sind Einschränkungen der Strassenbeleuchtung. Solche Einschränkungen dürfen jedoch nicht die Verkehrssicherheit oder das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung gefährden. Im Jahr 2019 betrug der Anteil der Strassenbeleuchtung am Schweizerischen Strombedarf nur 1,5 Prozent. Es ist daher nicht damit zu rechnen, dass Einschränkungen der Strassenbeleuchtung einen wesentlichen Beitrag zur Entlastung bei der aktuellen Energieversorgung leisten können.

Dennoch ist es sinnvoll, dass die Gemeinden die Umstellung auf energieeffiziente LED-Beleuchtung, wenn möglich mit einer bedarfsgerechten Steuerung mittels Bewegungsmelder beschleunigen. Damit kann der Energieverbrauch ohne Beeinträchtigung der Sicherheit reduziert werden.

Beitrag zur aktuellen Energiekrise


Martin Winder, Projektleiter Verkehrspolitik

Weitere Informationen

Diese Seite wird nur mit JavaScript korrekt dargestellt. Bitte schalten Sie JavaScript in Ihrem Browser ein!
.hausformat | Webdesign, TYPO3, 3D Animation, Video, Game, Print