Gegenargumente im Faktencheck

«Tempo 30 macht den öffentlichen Verkehr unattraktiv»
«Es ist ein Trugschluss, dass Tempo 30 Sicherheit bringt»
«Tempo 30 führt zu keiner Lärmreduktion»
«Tempo 30 macht nur im Wohnquartier Sinn und ist nicht geeignet für verkehrsorientierte Strassen»
«Tempo 30 auf Hauptachsen führt zu Ausweichverkehr in die Quartiere»
«Mit Tempo 30 kommen Feuerwehr, Sanität und Polizei zu spät»
«Tempo 30 ist auto- und wirtschaftsfeindlich»
«Wir können uns diese Ausgaben nicht leisten!»
«Tempo 30 macht den öffentlichen Verkehr unattraktiv»

«Tempo 30 macht den öffentlichen Verkehr unattraktiv»

Argumentiert wird, dass längere Reisezeiten den öffentlichen Verkehr unattraktiv machen und sich wieder mehr Leute selber ans Steuer setzen.

In der vom VCS in Auftrag gegebenen Metron-Studie «Wie funktioniert der ÖV bei Tempo 30?» schreiben die Autoren: «Für die Fahrgäste im ÖV stellen die Auswirkungen von etwas längeren Fahrzeiten aufgrund von Tempo 30 keine merkbaren Verschlechterung dar, sofern Fahrpläne und Umsteigebeziehungen angepasst wurden und Reiseketten gewährleistet bleiben. Als Nutzerinnen und Nutzer des öffentlichen Raumes profitieren ÖV-Fahrgäste von den positiven Auswirkungen von Tempo 30 (erhöhte Sicherheit, geringere Umweltbelastungen, erhöhte Aufenthaltsqualität). (..)   Die geringe Fahrzeitverlängerung im Bereich von wenigen Sekunden bis Minuten fällt im Vergleich zu den anderen Faktoren und einer mittleren Reisezeit von 90 Minuten pro Person und Tag kaum ins Gewicht. Verlagerungen vom ÖV zum motorisierten Individualverkehr sind eher nicht zu erwarten, da Tempo 30 auch im motorisierten Individualverkehr gilt.»

Studie «Wie funktioniert der ÖV bei Tempo 30?»

«Es ist ein Trugschluss, dass Tempo 30 Sicherheit bringt»

«Es ist ein Trugschluss, dass Tempo 30 Sicherheit bringt»

Argumentiert wird hier mit abnehmender Aufmerksamkeit bei Tempo 30 – in Unkenntnis der Sachlage.

Bei Vorher-nachher-Vergleichen in Tempo-30-Zonen in klassischen Wohnquartieren kommen drei aussagekräftige Studien zum selben Ergebnis: Es resultiert ein deutlicher Sicherheitsgewinn mit 25–30 % weniger Unfällen mit Personenschaden. Untersucht wurden reale Zonen, in denen der V85-Wert deutlich über 30 km/h lag.
Quellen: Metaanalyse von Elvik et al., 2009, Untersuchungen der Kantonspolizei Zürich, 2004, Untersuchungen von ETH/IVT, 2000.

Noch höher fällt der Sicherheitsgewinn aus, wenn die besonders unfallträchtigen Hauptverkehrsachsen einbezogen werden. Mit Tempo 30 könnte auf verkehrsorientierten Strassen jeder zweite Unfall mit schwer Verletzten oder Getöteten vermieden werden.

Tempo 30 für mehr Sicherheit

 

«Tempo 30 führt zu keiner Lärmreduktion»

«Tempo 30 führt zu keiner Lärmreduktion»

Argumentiert wird mit mehr Stop-and-go-Verkehr in Tempo-30-Zonen mit Verkehrsberuhigungsmassnahmen. Auch könnten die Autos bei Tempo 50 in einem höheren Gang fahren und würden dadurch massiv weniger Lärm verursachen als mit Tempo 30.

In realen Versuchen wurde mehrfach das Gegenteil belegt, was das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung anerkannt hat. Der Lärm reduzierte sich im Durchschnitt um rund 3 Dezibel, was mit einer Halbierung der Verkehrsmenge verglichen werden kann. Gleichzeitig nahmen besonders laute und störende Beschleunigungsvorgänge am Tag und in der Nacht ab.

Tempo 30 für Lärmschutz an der Quelle

 

«Tempo 30 macht nur im Wohnquartier Sinn und ist nicht geeignet für verkehrsorientierte Strassen»

«Tempo 30 macht nur im Wohnquartier Sinn und ist nicht geeignet für verkehrsorientierte Strassen»

Argumentiert wird, dass auf Hauptstrassen der Abfluss durch Tempo-30-Zonen abgebremst werde, was unweigerlich zu Staus und mehr Abgasemissionen führe.

Die Experten des SVI halten in ihrem Forschungsbericht von 2019 fest: «Auf die Leistungsfähigkeit (maximale Anzahl Fahrzeuge pro Stunde) hat eine Reduktion der Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h meistens keinen massgeblichen Einfluss. (...) innerorts liegt die maximale Leistungsfähigkeit üblicherweise bei einer Geschwindigkeit von 30 bis 35 km/h.»  

Tempo 30 verbessert den Verkehrsfluss

 

«Tempo 30 auf Hauptachsen führt zu Ausweichverkehr in die Quartiere»

«Tempo 30 auf Hauptachsen führt zu Ausweichverkehr in die Quartiere»

Argumentiert wird dabei mit der Verlangsamung und durch Tempo 30 verursachten Staus.

Bei der Planung von Zonen mit Tempobeschränkung sind solche unerwünschten Effekte zu berücksichtigen. Bisher ist jedoch landesweit kein einziger Fall dokumentiert, bei welchem aufgrund des Wechsels von Tempo 50 auf Tempo 30 Ausweichverkehr aufgetreten wäre.
(Quelle: Forschungsbericht SVI 2019)

«Stau und stockender Verkehr werden von Autofahrenden vermieden und Routen gewählt, auf denen – wenn auch langsamer – stetiger gefahren werden kann. Das heisst, dass die Gefahr von Ausweichverkehr in die Quartiere vor allem in den Hauptverkehrszeiten bestehen kann, wenn auf dem Hauptnetz Überlastungserscheinungen auftreten. Es ist jedoch kein dokumentierter Fall in der Schweiz bekannt, bei welchem aufgrund einer Reduktion von T50 auf T30 Ausweichverkehr aufgetreten ist.»

Die Gefahr von unerwünschtem Ausweichverkehr hange «weniger stark von der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ab als vielmehr vom Verkehrsfluss auf dem übergeordneten Strassennetz».
(Quelle: SVI 2019)

«Mit Tempo 30 kommen Feuerwehr, Sanität und Polizei zu spät»

«Mit Tempo 30 kommen Feuerwehr, Sanität und Polizei zu spät»

Bei «dringlichen oder taktisch notwendigen Dienstfahrten» erlaubt das Strassenverkehrsgesetz (SVG) den Blaulichtorganisationen, Verkehrsregeln zu übertreten. Dazu gehören auch das Überfahren eines Rotlichts oder die Überschreitung einer Tempolimite.

Der Bundesrat ist mit den Blaulichtorganisationen im Gespräch und schlägt zudem weitere gesetzliche Anpassungen vor, mit denen die besondere Situation der Blaulichtorganisationen berücksichtigt werden soll.  

«Wir sind uns bewusst, dass Tempo-30 Auswirkungen auf unsere Blaulichtorganisationen haben. Wir werden dies vorzu anschauen und sind zuversichtlich hier gute Lösungen mit der Stadt zu finden» Robert Soós, Sprecher Sicherheitsdepartement Zürich auf toponline.ch

«Tempo 30 ist auto- und wirtschaftsfeindlich»

«Tempo 30 ist auto- und wirtschaftsfeindlich»

Argumentiert wird hier, dass Tempo 30 sich gegen den Autoverkehr richte, indem es diesen zum Fahren im Schneckentempo zwinge, dass es zu grossen Zeitverlusten und Staus führe und somit der Wirtschaft schade.

Zum einen hindert ein tieferes Tempolimit kein Auto an der Durchfahrt – das ortsansässige Gewerbe ist unverändert erreichbar, für Kundschaft ohne Auto gar deutlich besser als zuvor. Vorher-nachher-Untersuchungen in Köniz und Horw zeigten, dass die anfängliche Skepsis gegenüber Tempo 30 bald verflogen war.

Zum anderen fällt der beklagte Zeitverlust in der Realität deutlich geringer aus als vermutet. Die Autoren der SVI-Studie Tempo 30 auf Hauptverkehrsstrassen schreiben: „Als Faustregel kann in Folge der reduzierten Höchstgeschwindigkeit von 50 auf 30 km/h mit einer realen Fahrzeitverlängerung von 2s/100m gerechnet werden.“
Gründe für den geringen Zeitverlust sind: Der Motorisierte Verkehr rollt oft deutlich langsamer als es die signalisierte Höchstgeschwindigkeit erlauben würde. Ob Ortsdurchfahrten, wichtige Verbindungen quer durch die Agglomeration oder Achsen im städtischen Bereich: Sie alle sind keine geschlossenen Systeme. Mit im Spiel sind Einmündungen, Kreuzungen, Grundstückzufahrten, Parkfelder am Strassenrand. Die Fahrbahn wird von Fussgängern gequert, und im Verkehrsfluss bewegen sich auch langsamere Velos. Dementsprechend oft wird gebremst, beschleunigt, abgebogen, überholt.

Ein gleichmässiger Verkehrsfluss und eine hohe Leistungskapazität dank Tempo 30 liegt bei hohem Verkehrsaufkommen und Staurisiko auch im Interesse der Autolenkenden.

«Wir können uns diese Ausgaben nicht leisten!»

«Wir können uns diese Ausgaben nicht leisten!»

Argumentiert wird immer wieder auch mit angeblich untragbar hohen Kosten angesichts knapper Gemeindefinanzen. Anderes habe Priorität.

Richtig ist, dass der Schutz der Bevölkerung vor Unfällen und Lärm und die Erhöhung der Lebensqualität in der Gemeinde nicht gratis sind. Die Einführung von Tempo 30 muss aber nicht zwingend viel kosten: «Tempo 30 auf verkehrsorientierten Strassen kann einfach und pragmatisch umgesetzt werden. Es braucht nicht zwingend bauliche Massnahmen, und Fussgängerstreifen können grundsätzlich belassen werden.»
Quelle: VSS 2020

Kosten lassen sich auch sparen durch die flächendeckende Einführung von Tempo 30 sowie die Abstimmung mit anfallenden Sanierungsarbeiten im Strassenraum. «Je grossräumiger Tempo 30 abseits der Hauptachsen, umso besser wird diese Höchstgeschwindigkeit auch mit wenigen baulichen Verkehrsberuhigungselementen eingehalten.» (Lindenmann, H.P., Koy, T., 2000). «Auch bereits das Signalisieren ohne bauliche Massnahmen senkt das V-Niveau.»
(SVI 2019)

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