Autobahn-Ausbau: Nein bleibt Nein
Das Nein zum Autobahn-Ausbau am 24. November 2024 markierte einen Wendepunkt. Unser Kampf für die Verkehrswende ist noch lange nicht zu Ende.
Entgegen den Voraussagen in Umfragen hat die Stimmbevölkerung die Autobahn-Ausbaupläne von Bundesrat und Parlament vor einem Jahr mit rund 53 Prozent abgelehnt. Die Freude auf unserer Seite war gross. Verkehrsminister Albert Rösti schien in einer ersten Stellungnahme ehrlich überrascht und betroffen, war es doch seine erste Abstimmungsniederlage als Bundesrat. Der Autobahn-Ausbau sei erstmal «vom Tisch», erklärte er in der Woche danach.
Flüchtige Einsicht
Doch der Respekt vor dem Entscheid der Stimmbürger*innen hielt im bürgerlichen Lager nicht lange an. Sowohl in der Ostschweiz wie auch in der Region Basel verlangte die Autolobby in Gestalt der jeweiligen kantonalen Industrie- und Handelskammer (IHK) schon im Frühling die unveränderte Wiederauflage der abgelehnten Projekte in Basel, St. Gallen und Schaffhausen. In den Kantonen Schaffhausen, St. Gallen, Thurgau und Appenzell Ausserrhoden wurde der Trotz von den jeweiligen Parlamenten gar in Form einer Standesinitiative nach Bern weitergeleitet.
Auch auf Bundesebene scheint die Euphorie für mehr Beton, Lärm und Blech nur einen leichten Dämpfer erhalten zu haben. Die ebenfalls im letzten Herbst bekannt gewordenen Kostensteigerungen und Verzögerungen beim Ausbau der Bahninfrastruktur schienen für den Bundesrat eine willkommene Möglichkeit, den klaren Volkswillen nach einem Ende des Ausbaus des Strassenverkehrs zu hintertreiben.
Ungleiche Ausgangslage
Der Plan von Bundesrat Rösti für die Zukunft trägt den Namen «Verkehr ‘45». Darin wurden über 150 Bahnausbau- und 50 Agglomerationsprojekte sowie fast 40 Autobahn-Ausbauprojekte einer Gesamtüberprüfung und Priorisierung durch den emeritierten ETH-Professor Ulrich Weidmann unterzogen. Allen Projekten ist gemein, dass sie bis 2040 umgesetzt werden sollten. In dieser Überprüfung standen die abgelehnten Autobahnprojekte bereits rechtsverbindlich beschlossenen und durch mehrere Volksabstimmungen legitimierten Bahnprojekten gegenüber.
Der Bericht von ETH-Professor Ulrich Weidmann wurde am 9. Oktober veröffentlicht. Darin haben sowohl der Rheintunnel in Basel wie auch der Rosenbergtunnel in St. Gallen (inklusive Anschluss Güterbahnhof) höchste Priorität. Auch der 8-Spurausbau im Grauholz bei Bern wird als dringlich beurteilt, sofern genügend Geld vorhanden sei. Gleichzeitig werden wichtige Bahninfrastrukturmassnahmen auf der Ost-West-Achse zur Erreichung der Vollknoten in Lausanne und St. Gallen aber als nicht prioritär betrachtet. Der Weidmann-Bericht bildet eine wichtige Grundlage für die verkehrspolitische Diskussion der nächsten Jahre, die der VCS mit seinem Abstimmungserfolg vom letzten Jahr massgeblich mitangestossen hat.
Die Gefahr ist gross, dass auch im weiteren politischen Prozess von «Verkehr ’45» mit ungleichen Ellen gemessen wird. Der VCS wehrt sich entschlossen gegen die Neuauflage von bereits abgelehnten Autobahn-Ausbauprojekten und jeglichen weiteren Kapazitätsausbau für den Autoverkehr und hat dafür einen Appell an den Bundesrat lanciert.
Nicht nur das UVEK
Auch in anderen Departementen der Landesregierung scheint man wenig von der Verkehrswende zu halten. So sollen im Rahmen des Sparprogramms von Karin Keller-Sutter trotz der Kostensteigerungen beim Bahnausbau und steigenden Unterhaltskosten pro Jahr 200 Millionen Franken weniger in den Bahninfrastrukturfonds fliessen. Bei den Nationalstrassen und beim Agglomerationsfonds sollen hingegen nur 100 Millionen Franken pro Jahr gekürzt werden.
Den Sparhammer setzt das Finanzdepartement auch bei der Finanzierung des Regionalen Personenverkehrs an. Damit drohen Angebotsabbau und höhere Ticketpreise in den Regionen.