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Weniger Lärm, mehr Sicherheit, kaum Zeitverlust: Tempo 30 wirkt.

Tempo 30 ist unkompliziert, günstig, und alle profitieren 

Wir wünschen uns sichere Schulwege für unsere Kinder und Enkelkinder, wir schätzen einen ungestörten Schlaf und wir kommen gerne effizient vorwärts. Darin sind wir uns einig. Uneins sind wir uns, wie wir dies erreichen. Wir können unsere Kinder mit dem Auto zur Schule chauffieren, mit Ohrstöpseln schlafen und Hindernisse lautstark von der Strasse hupen. Das sind aber bestenfalls (schlechte) individuelle Lösungen. Eine einzige unkomplizierte und günstige Massnahme, von der alle profitieren, ist weniger schnell fahren. Das ist sicherer, macht weniger Lärm und, ja, es ist effizient.  

Warum also diese Uneinigkeit bei Tempo 30? Liegt es möglicherweise daran, dass die Geschichte gerne so erzählt wird, dass sie die eigenen Interessen stützt? So hat TCS-Zentralpräsident Peter Goetschi jüngst in der NZZ von einer Tempo-30-Flatrate gesprochen. Das klingt, als gäbe es einen teuflischen Plan, Tempo 30 flächendenkend im ganzen Land einzuführen. Das ist falsch.

Heute gilt im Grundsatz auf sogenannt verkehrsorientierten Strassen innerorts Tempo 50. Gemeinden und Kantone haben aber die Kompetenz, situativ Tempo 30 einzuführen. Dafür braucht es ein Gutachten, bei dem auch andere Massnahmen geprüft werden, und die Genehmigung durch den Kanton. Es gibt klare Kriterien dafür, wann Tempo 30 zweckmässig ist:

Tempo 30 muss die Verkehrssicherheit verbessern. Auf Tempo-50-Strecken werden jährlich rund 1900 Menschen schwer verletzt, 80 sterben. Die meisten dieser Opfer waren zu Fuss, mit dem Motorrad oder mit dem Velo unterwegs. Bei einer Geschwindigkeit von 30 km/h statt 50 km/h halbiert sich der Anhalteweg eines Fahrzeugs. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Fussgängerin oder ein Fussgänger bei einer Kollision ums Leben kommt, ist um das Sechsfache tiefer.  

Besonders gefährdet sind Schulkinder. Sie sind Lernende im Verkehr und es ist unsere Aufgabe, sie zu schützen. Ausnahmen vor Schulhäusern sollen weiterhin möglich seien, betonen auch der TCS und die Bürgerlichen. Doch das reicht längst nicht, beginnt doch der Schulweg an der Haustüre eines jeden Kindes. Die Gemeinden wissen am allerbesten, wo es Gefahrenstellen gibt, die mit tiefen Tempos entschärft werden können.  

Tempo 30 muss vor Lärm schützen. Wird Tempo 30 eingeführt, reduziert sich der Lärm um 3 Dezibel. Das entspricht in der Wahrnehmung einer Halbierung des Lärms. Aktuell leiden 740 000 Menschen in der Schweiz unter übermässigem Strassenlärm. Tempo 30 reduziert zudem die Geräuschspitzen und sichert so der Bevölkerung einen ruhigeren Schlaf.

Tempo 30 muss den Fluss des Verkehrs verbessern. Wir wissen aus der Forschung, dass innerorts die maximale Leistungsfähigkeit bei einer Geschwindigkeit von 30 bis 35 km/h liegt. Im Stossverkehr hat Tempo 30 sogar Vorteile, denn die Fahrzeuge sind regelmässiger unterwegs und kommen besser vorwärts.  

Sind eines oder mehrere dieser Kriterien erfüllt und hat das Gutachten Tempo 30 als nötige, zweckmässige und verhältnismässige Massnahme bestätigt, kann auf einer Hauptstrasse innerorts Tempo 30 eingeführt werden. Das hat sich bewährt. Dass nun der Bundesrat angekündigt hat, dieses Vorgehen künftig per Verordnung auf Bundesebene einzuschränken, ist höchst bedenklich. Es kommt einer Bevormundung der Gemeinden und Kantone gleich und geschieht unter Druck der Bürgerlichen und des TCS. Letzteres erstaunt, wenn man bedenkt, dass just dieser Verband ab August für die nationale Kampagne für Schulwegsicherheit verantwortlich zeichnen wird.  

Wir sind überzeugt: Jede Strasse ist anders. Wo Tempo 50 und wo Tempo 30 angebracht ist, wissen die Zuständigen vor Ort am besten. Vertrauen wir ihnen, sie sind kompetent und handeln im Sinne der Betroffenen.  

 

Stéphanie Penher
VCS-Geschäftsführerin