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Flux Bahnhof Wildegg
Philippe Gasser

Wer im aargauischen Wildegg auf den Bahnhof zugeht, fühlt sich in der Zeit zurückversetzt. Das Hauptgebäude strahlt mit seinen Sandsteinfassaden und dem hölzernen Giebeldach historischen Charme aus. Tatsächlich halten in Wildegg schon seit 1858 Züge. Bevor in den 1970er-Jahren der Heitersbergtunnel eröffnet wurde, rollten hier die Ost-West-Verbindungen vorbei.

Wer heute den Blick nach rechts schweifen lässt, sieht sofort das markante Dach aus Beton über den Perrons. Zwar muss ein Bahnhof dieser Grösse nicht zwingend überdacht werden. Der Gemeinde war es jedoch wichtig, den Fahrgästen das Warten so angenehm wie möglich zu machen. Die Materialwahl Beton ist eine Hommage an die lokale Industrie: In Wildegg wird seit Ende des 19. Jahrhunderts Zement produziert.

Bahnhof Wildegg
Philippe Gasser
Geschützt unter dem markanten Dach aus Beton warten dereinst die Fahrgäste am Bahnhof Wildegg auf den Zug oder den Bus.

Orientierung gegen zwei Seiten

Der VCS, Postauto, der Verband öffentlicher Verkehr (VöV) und der Informationsdienst für den öffentlichen Verkehr LITRA haben die Gemeinde Möriken-Wildegg Anfang September mit dem «FLUX – Goldener Verkehrsknoten» ausgezeichnet. Der Preis zeichnet jährlich einen Verkehrsknoten aus, der sowohl aus Sicht der Kundschaft als auch aus betrieblicher Perspektive überzeugt. In diesem Jahr lag der Fokus auf kleinen bis mittelgrossen Verkehrsknoten.

Möriken-Wildegg ist mit der Neugestaltung des Bahnhofs der Sprung vom «Bahnhöfli» zur Drehscheibe für den öffentlichen Verkehr (ÖV) gelungen. Der Bahnhof orientiert sich neu nach zwei Seiten, die über eine Treppe und eine Rampe mit der neuen, breiteren Unterführung verbunden sind. Beim Bahnhofgebäude auf der Ostseite, gegen das Ortszentrum, halten die lokalen Busse. Für die regionalen Busse gibt es eine neue Haltestelle auf der Westseite.

Flux Bahnhof Wildegg
Philippe Gasser
Für die regionalen Busse gibt es eine neue Haltestelle auf der Westseite.

Attraktive Kombination «Velo und Zug»

Der ganze Verkehrsknoten ist barrierefrei. Dafür wurden die Perrons durchgehend erhöht und die Unterführung verbreitert. Auf beiden Seiten stehen Park-and-ride-Parkplätze und genügend Veloparkplätze zur Verfügung. Letzteres macht das Umsteigen für Velofahrer*innen auf den ÖV effizient und angenehm. Die Gemeinde berücksichtigt mit der Erweiterung auch die Tatsache, dass die Einwohner*innenzahl in der Region wächst – etwa mit einer zusätzlichen Bushaltestelle, die zu einem späteren Zeitpunkt genutzt werden wird. 

Flux Bahnhof Wildegg
Philippe Gasser
Auf der Ostseite des Bahnhofs gibt es neu einen begrünten Treffpunkt.

Auf der Ostseite hat die Gemeinde einen Treffpunkt geschaffen. Auf dem kleinen Platz stehen nicht mehr länger Autos, sondern Platanen und ein Brunnen. Das kubische Gebäude beherbergt einen Kiosk und Toiletten. Auch hier gab es Platz für eine Hommage an die Geschichte: das Blumenmuster in der Blechfassade erinnert an die einst rege Textilindustrie. In der Nacht wird die Fassade von hinten beleuchtet und macht aus dem Gebäude eine Skulptur. Die Bahnhofstrasse wurde in eine Begegnungszone umgestaltet. Im Winter steht eine temporäre Eisbahn vor dem Bahnhofsgebäude. 

Flux Bahnhof Wildegg
Philippe Gasser
Im kubischen Gebäude hat es einen Kiosk und Toiletten.

Der Verkehrsknoten Wildegg ist auch als Platz für den Güterumschlag von der Schiene auf die Strasse und umgekehrt wichtig. Vom Bahnanschluss profitiert heute die Jura-Cement-Fabrik. Er macht die Gemeinde aber auch als zukünftigen Standort für Unternehmen attraktiv.

Dass Möriken-Wildegg den Spagat zwischen Vergangenheit und Zukunft erfolgreich geschafft hat, zeigen auch die Zahlen. Die 1500 Fahrgäste pro Tag bedeuten einen Anstieg von 15 Prozent, wie die FLUX-Jury in ihrem Bericht schreibt. Seit dem letzten Fahrplanwechsel gibt es auch zusätzliche Verbindungen: Die S-Bahn von Brugg über Aarau und Olten nach Langenthal hält bis Mitternacht im Halbstundentakt in Wildegg.

Ausserdem nominiert

Flux Bahnhof Suhr
Philippe Gasser
Suhr: Schwerpunkt Vegetation

Ebenfalls nominiert war die Gemeinde Suhr für die Neugestaltung der Nordseite des Bahnhofs. Der erste Eindruck ist unspektakulär. Doch es wurden ganze 1000 m2 Asphalt durch Pflanzen ersetzt. Teils in Beeten und dort, wo dies aufgrund von Tiefgaragen nicht möglich war, in Kübeln mit 7,5 Metern Durchmesser. Statt Tempo 50 gilt nun vor dem Bahnhof Tempo 20. In einem nächsten Schritt will die Gemeinde die Südseite neugestalten.

Flux Bahnhof Arth Goldau
Philippe Gasser
Arth-Goldau

Die dritte nominierte Gemeinde war Arth-Goldau. Die Neugestaltung des Bahnhofs mit seiner V-förmigen Konstruktion und den Höhenunterschieden war anspruchsvoll. Zudem müssen auf wenig Platz viele Bedürfnisse erfüllt werden. Erwähnenswert ist, dass der Platz nun für Busse reserviert ist. Die (erweiterten) Autoabstellmöglichkeiten befinden sich unterirdisch

«FLUX – Goldener Verkehrsknoten»

Der Mobilitätspreis «FLUX – Goldener Verkehrsknoten» zeichnet jährlich einen Verkehrsknoten aus, der sowohl aus Sicht der Kunden als auch aus betrieblicher Sicht überzeugt. Der Preis hebt den Stellenwert des öffentlichen Verkehrs im Rahmen einer nachhaltigen Mobilität hervor und betont die Wichtigkeit der Verkehrsknoten sowie einer sichergestellten Transportkette zwischen den verschiedenen Transportmitteln.

Er wurde 2007 von Verband öffentlicher Verkehr (VöV), von PostAuto und dem VCS ins Leben gerufen. Der Preis wird jedes Jahr von einer unabhängigen Fachjury vergeben, die den Sieger anhand von bestimmten Kriterien auszeichnet. Die Jury wird aktuell von Florence Brenzikofer geleitet. PostAuto ist für die Organisation des FLUX verantwortlich.

Weitere Informationen unter www.flux.swiss