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Martin Winder
VCS

Gewinnen wir?

Die Verkehrswende ist noch längst kein Selbstläufer. Packen wir es an – hier und jetzt!

Das Nein zum Autobahn-Ausbau war spektakulär – ja, wir freuen uns noch immer. In den letzten Wochen sind mir weitere, weniger spektakuläre Trends aufgefallen. Im Januar hat das Bundesamt für Statistik Daten zum Mobilitätsverhalten publiziert. Was in städtischen Kantonen schon länger der Fall ist, zeigt sich jetzt schweizweit: Der Motorisierungsgrad, d.h. die Anzahl Autos pro 1000 Einwohnerinnen und Einwohner, hat 2016 mit 543 Autos sein Maximum erreicht und sinkt seit 2021. Auch wenn er mit 535 Autos noch immer enorm hoch ist.

Eine weitere Publikation des Bundes belegt, dass sich fast überall auch das Pendlerverhalten in die richtige Richtung entwickelt: mehr Velopendlerinnen und Velopendler und weniger Menschen, die mit dem Auto pendeln. Erfreulich ist, dass sich beide Trends nicht auf die Zentren beschränken, sondern teilweise auch in ländlicheren Kantonen sehr ausgeprägt sind. So stieg der Anteil der Menschen, die das Velo zum Pendeln nutzen, im Kanton Obwalden um 5,4 Prozent. 

Nichts zu lachen haben da die Autoimporteure. Deren Geschäfte laufen bereits länger schlecht. Während zwischen 1990 und 2019 im Durchschnitt jährlich rund 300 000 Autos verkauft wurden, brachen die Verkäufe im Jahr 2020 auf 240 000 Stück ein und haben sich seither nicht erholt. Der Bestand steigt noch, was bedeutet, dass das Durchschnittsalter der Autos steigt. Vielleicht weil das Auto weniger oft genutzt wird, seit in vielen Haushalten noch das eine oder andere E-Bike dazugekommen ist? Interessant ist auch, dass mittlerweile mehr Hybridautos als reine Verbrenner verkauft werden. Dass auch der Absatz der E-Autos rasch ansteigt, verschweigen die Importeure gerne, da sie doch lautstark nach Subventionen und Lockerung der CO2- Vorschriften rufen, um Strafzahlungen zu vermeiden. Denn allen positiven Trends zum Trotz verkaufen sie noch immer zu viele grosse und CO2-intensive SUVs.

Oder doch nicht?

Es sieht also super aus für die Verkehrswende. Oder doch nicht? Die ohnehin ungenügenden CO2-Vorschriften für Neuwagen werden aufgeweicht. Statt das Veloweggesetz speditiv umzusetzen, wird über eine Velovignette nachgedacht. Und die Einführung von Tempo 30 soll erschwert oder teilweise sogar rückgängig gemacht werden. Mit einem «Entlastungspaket» sollen dem öffentlichen Verkehr dringend benötigte Mittel entzogen werden. Nicht zuletzt fordern die Verliererinnen und Verlierer vom letzten November bereits die Neuauflage von Autobahn-Ausbauprojekten. Die Verkehrswende ist noch längst kein Selbstläufer. Packen wir es an – hier und jetzt!

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