Eine Veloinfrastruktur für Laura
Sobald sich Lauras Wege mit denjenigen des motorisierten Verkehrs kreuzen, muss die Infrastruktur so gestaltet sein, dass Laura die Situation bewältigen kann.
Das Velo fördern will die Schweizer Bevölkerung spätestens seit der Abstimmung 2018 über den Bundesbeschluss Velo. Es war ein klares Votum für die Veloförderung in der Schweiz. Bund und Kantone müssen bis Ende 2042 auf ihren Strassen ein Velowegnetz planen und bauen. Das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass in der Schweiz Menschen aller Altersgruppen sicher Velo fahren können und das Velo attraktiv bleibt.
Einer dieser Menschen ist Laura. Sie ist elf Jahre alt und steht sinnbildlich für diejenigen, die sich dann fürs Velofahren entscheiden, wenn sie sich dabei sicher fühlen. Laura ist kein routinierter Velopendler, wie er immer noch mehrheitlich bei der Planung von Veloinfrastruktur als Referenz dient. Laura, eine fiktive Figur, die erstmals in der Broschüre «Einladende Radnetze » des deutschen Bundesministeriums für Digitales und Verkehr auftauchte, richtet sich an die Planer und Planerinnen von Strasseninfrastrukturen.
Wer für alle planen und bauen will, sollte den Laura-Test machen, indem er oder sie die Veloinfrastruktur mit Lauras Augen abfährt. Kann die Elfjährige auf der geplanten Strasseninfrastruktur gut und sicher Velo fahren, ist man auf dem richtigen Weg. Nicht zuletzt ist Empathie gefragt, wenn es darum geht, das subjektive Sicherheitsgefühl der schwächeren Verkehrsteilnehmenden bei der Planung zu berücksichtigen. Hier liegt eine wichtige Stellschraube, um den Anteil des Veloverkehrs deutlich zu erhöhen.
Von einer Veloinfrastruktur, die für Laura geeignet ist, profitieren auch alle anderen Menschen. Dazu braucht es durchgehende und sichere Velowege, wenn möglich getrennt vom motorisierten Verkehr. Sobald sich Lauras Wege mit denjenigen des motorisierten Verkehrs kreuzen, muss die Infrastruktur so gestaltet sein, dass Laura die Situation bewältigen kann. Auch Lauras Erziehungsberechtigte müssen davon überzeugt sein, dass Laura die Situation zuzumuten ist.
Bisher wurde Laura bei der Umsetzung von Veloinfrastruktur kaum berücksichtigt. Geplant und gebaut wurde vor allem für routinierte, furchtlose und oft männliche Velofahrende. Klar, Veloschnellrouten sind für durchsetzungsstarke Velofahrende ein Gewinn. Aber wer schon einmal mit einer realen Laura auf dem Velo unterwegs war, weiss, wie stressig es sein kann.
Es darf in Zukunft nicht mehr sein, dass Eltern ihre Kinder lieber mit dem Auto zur Schule bringen, statt sie mit dem Velo fahren zu lassen. Es darf nicht mehr sein, dass die Veloinfrastruktur einem Hindernisparcours gleicht. Erst wenn Laura gerne mit dem Velo von A nach B fährt, haben wir erreicht, wofür wir uns mit dem Ja zum Bundesbeschluss Velo bekannt haben.