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Schulweg Kinder Quartier Sicherheit
Andrea Campiche

Toolbox für Ihre Gemeinde

Seit über vierzig Jahren setzen wir uns für sichere Schulwege ein. Für Ihre Gemeinde gibt es viele Massnahmen, um die Sicherheit auf dem Schulweg zu verbessern. Gerne stehen wir Ihnen mit Rat und Tat zur Seite.

Sicherer Schulweg

Mit verschiedenen Massnahmen wird der Schulweg in Ihrer Gemeinde sicherer. Die Massnahmen werden je nach Situation evaluiert und umgesetzt. Im Zentrum aller Massnahmen steht das Mobilitätskonzept Schule

Für Ihre Gemeinde haben wir die Massnahmen in einer Toolbox zusammengestellt. 
Die Toolbox umfasst fünf Bereiche: Infrastruktur, Sensibilisierung, Organisation, Sanktionen und Mobilitätskonzept Schule. 
 

1. Tempo reduzieren

Die Geschwindigkeitsreduzierung zielt darauf ab, die Geschwindigkeit von motorisierten Fahrzeugen zu verringern. Dabei kann es sich um eine Tempo-30- oder eine Begegnungszone handeln.

Die tieferen Tempi reduzieren das Unfallrisiko, die Lärm- und Luftverschmutzung und erhöhen gleichzeitig die Lebensqualität der Umgebung.

Niedrigere Geschwindigkeiten tragen nicht nur dazu bei, Unfälle zu vermeiden, sondern reduzieren, wenn doch einmal etwas passieren sollte, auch die Anzahl Schwerverletzter. So überleben bei einer Aufprallgeschwindigkeit von 50 km/h nur 3 von 10 angefahrenen FussgängerInnen, während es bei 30 km/h 9 von 10 sind. Aus der Perspektive von FussgängerInnen sind Tempo-30-Zonen daher besonders vorteilhaft.

Für die Umsetzung benötigt es Behörden, welche diesen Ansatz unterstützen - insbesondere bei verkehrsorientierten Strassen.

2. Sicher die Strasse queren

Die Strassenüberquerung ist ein wesentlicher Bestandteil des Schulwegs und häufig mit Gefahren verbunden, insbesondere bei Strassen mit hohem Verkehrsaufkommen und Tempo 50. Daher ist es umso wichtiger, dass Querungen sicher gestaltet sind. 

Bei der Planung sollte man insbesondere auf das Tempolimit und die Sichtweiten achten sowie bauliche Querungshilfen prüfen. Gleichzeitig sollte der Schulweg so geplant werden, dass unnötiges Queren vermieden werden kann.

Es gibt verschiedene Möglichkeit die Strasse zu queren (u.a. Fussgängerstreifen, Trottoire, Lichtsignalanlagen) mehr erfahren Sie in unserem Dossier: Sichere Querungen für FussgängerInnen.

Selbsterklärende Strassen erhöhen die Verkehrssicherheit, da sie Fehlverhalten reduzieren und Missverständnisse vermeiden. Fehlerverzeihende Strassen vermeiden Unfälle und mindern Unfallfolgen, beispielsweise durch Schutzsysteme wie Leitplanken oder geschwindigkeitsdämpfende Elemente. Von diesen Vorteilen profitieren besonders auch die Kinder und Senior:innen.

Die Umsetzung mit baulichen Massnahmen ist mit Kosten verbunden und erfordert interdisziplinäre Zusammenarbeit, welche auch die unterschiedlichen Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmenden berücksichtigt. Trotz Herausforderungen bieten diese Konzepte grosse Chancen für nachhaltig mehr Verkehrssicherheit.

3. Schulstrasse

Die Schulstrasse gilt ein temporäres Fahrverbot für motorisierte Fahrzeuge auf Strassenabschnitten, die zur Schule führen. Dies während den Zeiten, zu denen die Kinder an der Schule ankommen oder diese verlassen. 

Durch die Sperrung der Zufahrtsstrasse wird eine sichere und gesündere Umgebung geschaffen, die es den Kindern ermöglicht, zu Fuss oder mit dem Velo zur Schule zu gelangen.

Die Ausgestaltung einer Schulstrasse kann den lokalen Gegebenheiten angepasst werden, wie zum Beispiel das Gestatten der Zufahrt für Anwohnerinnen und Anwohner, den Bus oder Velofahrende. Eine Schulstrasse kann rasch und kostengünstig eingeführt werden. Es empfiehlt sich, diese zeitlich befristet zu testen (z.B. 3-6 Monate)

Um Unklarheiten bei den Elterntaxi-Lenkenden zu vermeiden und den Autoverkehr zu kanalisieren, kann diese Massnahme beispielsweise mit einer Kiss&Ride-Zone kombiniert werden.

Dank dem temporären Fahrverbot vor der Schule nehmen Anzahl Fahrzeuge, Lärm- und Luftverschmutzung ab. Es erlaubt auch den Kindern, die trotzdem mit dem Auto bis zur Schulstrasse gefahren werden, eine minimale Reststrecke zu Fuss zurückzulegen.

Es ist wichtig, die Schulstrasse sorgfältig zu planen, um neue Probleme zu vermeiden – wie beispielsweise die Verlagerung der Elterntaxi weg vom Schulhaus an den Rand der Schulstrasse. Daher empfehlen wir, die aktuelle Schulwegsituation und das Mobilitätsverhalten vorab zu analysieren, z.B. im Rahmen eines VCS Mobilitätskonzepts Schule.

Aufgrund der räumlichen Verhältnisse ist die Einführung einer Schulstrasse nicht in allen Gemeinden möglich (z.B. Schulhaus an Hauptstrasse).

4. Kiss&Ride-Zone

Sogenannte Kiss&Ride-Zonen dienen dazu, die vorhandenen Elterntaxis an einer geeigneten Stelle zu kanalisieren, damit die restlichen Kinder sicher zu Fuss oder mit dem Velo zur Schule gehen können. 

Es handelt sich dabei um keinen regulären Parkplatz, es ist lediglich erlaubt, die Kinder selbständig ein-/aussteigen zu lassen. Die Eltern müssen zu jeder Zeit am Steuer des Fahrzeugs bleiben. Die Kiss&Ride-Zone soll sich dabei nicht unmittelbar bei der Schule befinden. Es soll den Kindern ermöglicht werden, dass sie eine sichere Reststrecke zu Fuss zurücklegen können. Genauere Informationen entnehmen sie dem Leitfaden Kiss&Ride und den dazugehörigen Checklisten. 

Erlaubt bei guter Ausgestaltung ein geregeltes Ein-/Aussteigen der Kinder aus den Autos und damit verbunden ein geringeres Unfallrisiko für die anderen Kinder, die zu Fuss oder mit dem Velo auf dem Schulweg unterwegs sind.

Es muss darauf geachtet werden, dass die Kiss&Ride-Zone nicht den gegenteiligen Effekt erzielt und noch mehr Elterntaxis “anzieht”. Es gilt zu beachten, dass beispielsweise ein Zeitgewinn keinen triftigen Grund für eine Fahrt mit dem Auto zur Schule darstellt. Für die Kinder und deren Entwicklung ist von Vorteil, wenn sie den Weg zu Fuss oder später mit dem Velo zurücklegen.

5. walk to school

Bei den Aktionswochen «walk to school» steht der Schulwegs zu Fuss im Zentrum.  

Die Kampagne, die jährlich zwischen den Sommer- und Herbstferien stattfindet richtet sich an Lehrpersonen, Schulkinder vom Kindergarten bis zur 6. Klasse und deren Eltern. 
Dies mit dem Ziel, bei den Teilnehmenden und deren Umfeld das Bewusstsein für einen sicheren und nachhaltigen Schulweg zu stärken und den Kindern die Möglichkeit zu geben, ihren Schulweg zu Fuss während zwei Wochen zu üben. Die Teilnahme ist kostenlos und die fleissigsten Klassen können Ende Jahr tolle Preise gewinnen.

Die Aktionswochen beziehen das gesamte Schulumfeld mit ein – von den Kindern über die Lehrpersonen bis hin zu den Eltern. Sie vermitteln eine positive Botschaft (der Schulweg zu Fuss ist ein Erlebnis), ohne Verbote auszusprechen. Die Aktionswochen können einen Beitrag dazu leisten, die Anzahl Elterntaxis nachhaltig zu reduzieren.

Damit die Kampagne erfolgreich umgesetzt werden kann, braucht es motivierte Lehrpersonen sowie geeignete Kommunikationskanäle, um auch die Eltern miteinzubinden. 

6. Pedibus

Ein Bus, der nicht fährt, sondern geht – auf Kinderfüssen. Der Pedibus bringt eine Gruppe Kinder zu Fuss in den Kindergarten oder zur Schule und holt sie dort wieder ab. Er eignet sich insbesondere für Kinder zwischen 4 und 8 Jahren und ist eine ideale Übergangslösung, um die Kinder zu begleiten, bis sie den Weg allein zurücklegen können. Eine erwachsene Person begleitet die Kinder, macht sie auf Gefahren im Strassenverkehr aufmerksam und hilft ihnen, richtig damit umzugehen. So gewinnen die Kinder Tag für Tag an Sicherheit und bereiten sich darauf vor, den Weg ohne erwachsene Begleitung zurückzulegen.

Die teilnehmenden Familien legen selbst fest, welchen Weg der Pedibus zurücklegt, wo Haltestellen eingerichtet werden und zu welchen Zeiten und Tagen der Pedibus unterwegs ist. Die Begleitpersonen wechseln sich untereinander ab. Meist sind dies die Eltern der teilnehmenden Kinder, aber auch Grosseltern, Tagesmütter etc. sind als Begleitpersonen herzlich willkommen. 

Die Begleitung durch Erwachsene erhöht die Sicherheit der Kinder, die noch zu klein oder zu unsicher sind, um den Weg allein zu gehen. Weiter können die Eltern ihr Kind in sicheren Händen wissen.

Der Pedibus bietet den Kindern die Möglichkeit, das korrekte Verhalten im Strassenverkehr zu erlernen und regelmässig zu üben. Zudem kann er dazu beitragen, die Anzahl Elterntaxis zu reduzieren.

Der Pedibus basiert auf der freiwilligen Mitarbeit der Eltern oder anderen erwachsenen Begleitpersonen. Dabei ist deren Engagement und Zuverlässigkeit entscheidend. Gemeinden und Schulen können eine wichtige Rolle spielen, indem sie den Pedibus aktiv fördern, darüber informieren und die zahlreichen Vorteile hervorheben.

7. Lotsendienst

Lotsendienste (oder Patrouilleure) können einen Beitrag leisten, punktuelle Gefahrenstellen zu sichern (z.B. Fussgängerstreifen). Es handelt sich um eine rasch umsetzbare Massnahme. Ein Lotsendienst ist lediglich eine Übergangslösung an Stellen, die für kleine Kinder zu komplex oder gefährlich sind oder bei infrastrukturellen Mängeln (z.B. ungenügende Sichtweite beim Fussgängerstreifen). Langfristig braucht es weitere Massnahmen.

Alternativ zu Lotsendiensten kann auch eine Mini-Pedibus-Linie geprüft werden (z.B. nur für eine Querung).

Kurzfristige Sofortmassnahme, die es den Kindern erlaubt, dank Unterstützung schwierige oder gefährliche Stellen sicher zu begehen.

Der Lotsendienst hat kein Lerneffekt bei den Kindern vorhanden. Sie sind zwar an dieser Stelle nun sicherer unterwegs, eignen sich durch die Anwesenheit jedoch keine Verkehrskompetenz an.

Die Rekrutierung von engagiertem und zuverlässigem Personal kann teilweise schwierig. Ausserdem muss die Gemeinde oder die Schule bereit sein, entsprechende Mittel für die Massnahme bereitzustellen.

8. Polizeikontrollen

Die regelmässige Anwesenheit der Polizei kann sich positiv auf die Schulwegsicherheit auswirken (Einhalten der Regeln, weniger Elterntaxis etc.).  Sie tragen dazu bei, unerwünschtes bzw. unerlaubtes Verhalten zu unterbinden.

Die reine Anwesenheit der Polizei (Autoritätspersonen) kann einen Sensibilisierungseffekt zur Folge haben, auch wenn in einem ersten Schritt lediglich Verwarnungen ausgesprochen und noch keine Sanktionen verhängt werden. 

Die regelmässigen Polizeikontrollen erfordern einen hohen Ressourceneinsatz der Polizei. Aus diesem Grund ist eine gute Planung dieser Einsätze wichtig, um den gewünschten Effekt zu erzielen (z.B. Anwesenheit stets nach den Schulferien).

9. Fahr- und Halteverbote

Solche Verbote können unterschiedlich ausgestaltet werden, je nach Situation vor Ort, und kann mit einer Schulstrasse oder einer Kiss&Ride-Zone kombiniert werden. Dies kann dazu beitragen, das Verkehrsaufkommen rund um die Kindergarten- und Schulstandorte zu verringern und gefährliche Fahr- und Wendemanöver in diesem Bereich zu vermeiden. Wichtig: Bei der Planung darauf achten, dass die Probleme nicht an eine andere Stelle hin verlagert werden, anstatt sie zu lösen.

10. VCS Mobilitätskonzept Schule

Das Mobilitätskonzept Schule verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, der – je nach Gegebenheit – auf die jeweilig passenden Einzelmassnahmen aus der Toolbox zurückgreift.

Das Mobilitätskonzept Schule (MKS) des VCS ist ein partizipatives Angebot für Gemeinden und Schulen, das darauf abzielt, die Schulwege auf Stufe Kindergarten und Primarschule zu analysieren und gezielt zu optimieren. Der VCS stellt der Gemeinde ein umfassendes Instrument zur Verfügung, mit dem die Schulwegsicherheit nachhaltig verbessert werden kann – oft mit einfachen und kostengünstigen Massnahmen.

Ein Mobilitätskonzept Schule gibt einen Überblick über die aktuelle Schulwegsituation und erhöht durch die Umsetzung konkreter Empfehlungen die Schulwegsicherheit nachhaltig. Mobilitätskonzepte Schule fördern einen gesünderen und umweltfreundlicheren Schulweg. Wenn wir die Strasseninfrastruktur für die schwächsten Verkehrsteilnehmenden (Kinder und Senioren) sicherer machen, profitieren alle davon.

Die Durchführung eines MKS dauert in der Regel 9-12 Monate und ist kostenpflichtig (Auftraggeber: Gemeinde und/oder Schule). Um ein solches Konzept angehen zu können, bedarf es einer schulwegafinen Gemeinde, die bereit ist, gemeinsam die Schulwegsicherheit in der Gemeinde zu erhöhen.

Martin Baumgart
VCS

Kontakt

«Der Schulweg ist wichtig für die Entwicklung der Kinder, spannend und gesund. 
Für Ihre Gemeinde haben eine Toolbox entwickelt, für mehr Sicherheit auf dem Schulweg. Bei Fragen helfen wir Ihnen gerne weiter.»

Martin Baumgart, Projektleiter Schulwegsicherheit

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