Bahnreisen: Wandern inklusive

Verenaschlucht

Wieder mal Lust auf eine Bahnreise? Auf Strecken, die man noch nicht kennt? Hier gibt es drei Vorschläge dazu. Sie sind mit sehenswerten Zwischenstationen angereichert und auch gesund dank der eingebauten Wanderungen.

  • Eine Runde in der Ostschweiz
  • Die Mittelland-Tour
  • In die Freiberge

Eine Runde in der Ostschweiz

Die Ostschweiz geht gerne etwas vergessen, und das ist schade. Sie hat landschaftlich, kulturell und auch bahntechnisch viel zu bieten. Also: Start in Zürich. In Winterthur kann man schon einen Zwischenhalt einschalten. Statt der Altstadt stattet man zur Abwechslung dem traditionsreichen Industriegelände jenseits der Gleise einen Besuch ab. Hier stand einst die Lokschmiede der Schweiz, die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM. Sie entwarf und montierte das «Krokodil» und den «Roten Pfeil» und viele andere Traktionsfahrzeuge, bevor sie 1961 vom Winterthurer Industrieunternehmen Sulzer AG übernommen wurde. Tempi passati. Das «Sulzer-Areal» wird seit den 1990er Jahren mit etlichen Millionen Franken in ein Stadtquartier umgebaut. Als jüngstes Projekt entsteht in den nächsten Jahren Schritt für Schritt die Lokstadt, ein Quartier zum Wohnen und Arbeiten, mit einem Museum und einer Markthalle. Die teils denkmalgeschützten alten Fabrikhallen werden umgenutzt und durch neue Gebäude ergänzt, darunter drei Hochhäuser.

Weiter nach Konstanz. Mit dem steigenden Euro hat das Kaufhaus Lago, der Sehnsuchtsort der Ostschweizer Schnäppchenjäger, etwas an Anziehungskraft eingebüsst. O lago mio! Aber kein Grund zum Jammern. Die echten Sehenswürdigkeiten sind ja geblieben, der Bodensee inklusive. Es empfiehlt sich ein Gang in die Altstadt, wo es schöne Altstadthäuser mit bemalten Fassaden gibt. Es gibt auch die Hussenstrasse mit dem Hus-Museum. Sie erinnern an das Schicksal des tschechischen Reformators Jan Hus. Der König hatte ihm freies Geleit ans Konzil von Konstanz zugesagt, das vor genau 600 Jahren stattfand (1414–1418). Weil er die Macht des Papstes in Frage stellte, zogen es Konzil und König dann aber vor, ihn als Ketzer auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen. Konstanz wollte im 15. Jahrhundert übrigens mal eidgenössisch werden, die Landkantone waren dagegen, weil sie eine Übermacht der Städte befürchteten. Der nächste Zug fährt den See entlang nach St. Gallen. Wieder Altstadt. Klosterviertel. Welch grosszügiger Platz vor der Kirche! Einsteigen auf dem Nebengleis in die Trogener Bahn, ein Überlandtram, das zunächst durch die St. Galler Gassen rattert. Aussteigen im Rank. Es beginnt die Wanderung. Dem Bach entlang geht es hinauf zum Oberhorst und dann schön auf der Krete über die Kunzenegg (1017 m ü. M.), alles ausserorts, aber Innerrhoden. In Niederteufen warten nach zwei Stunden Fussmarsch wieder die Appenzeller Bahnen: hinunter mit Zahnradantrieb nach St. Gallen.

Nützliche Informationen

Reise

  • Von Zürich via Winterthur nach Konstanz.
  • Von Konstanz nach St. Gallen (direkte Züge). Mit der S 21 (Appenzeller Bahnen Richtung Trogen) bis Rank. Ab Niederteufen mit der S 21 nach St. Gallen

Wanderung

  • Rank–Oberhorst–Waldegg–Kunzenegg–Fröhlichsegg–Niederteufen (einfach, 2 Std.)

Die Mittelland-Tour

Eine Städtetour mit Landcharakter? Stadt und Land kommen auf jeden Fall vor, wenn man sich mit der Bahn von Bern aus auf eine Tour durchs Mittelland macht. Bern muss man nicht gross vorstellen, schliesslich ist die Reithalle in der ganzen Schweiz bekannt. Dort gibt es im Café Sous le Pont das zweitbeste Wiener Schnitzel in der Bundesstadt. Vom Zytglogge und den Lauben wollen wir jetzt mal nicht reden, eher schon vom Kunstmuseum, das gerne unterschätzt wird in der Restschweiz und dank Gurlitt etwas berühmter wurde.

Nach Solothurn fährt man mit dem RBS, dem Regionalverkehr Bern Solothurn, für den gerade ein neuer Bahnhof gebaut wird, weil der alte zu eng ist. Weit wird einem das Herz, sobald man Schönbühl mit dem Shoppyland samt Parkplatzwüste hinter sich gelassen hat und dann bei Grafenried etwas von diesem alten schönen Mittelland erahnt, das einst existierte, vor dem Autobahnzeitalter. Solothurn ist ganz Barock. Ganz Jurastein, ganz hell und freundlich. Die Kneipenszene ist reichhaltig, darunter La Couronne, rénovée und von gehobenem Stand, sowie das gute alte Kreuz, die Szenekneipe unten beim Landhaus, in der die Filmtage erfunden wurden. Die Füsse vertreten? Dann empfiehlt sich am besten der Gang via Friedhof (einer der schönsten weit und breit) in die Verenaschlucht. Auch dort hat es eine Beiz nebst viel Romantik.

Es geht gleich weiter. Burgdorf steht auf dem Programm. Es hat direkte Züge durch eine stille Gegend dr Ämme na und in Burgdorf das Schloss, mitten im Altstädtelein, zu dem wir bald schon hinausmüssen, denn wir wollen noch nach Thun. Jetzt wird es emmentalisch-hügelig. In Thun wartet das nächste Schloss, es lächelt der See, das Bälliz an der Aare bebt. Lustig wäre eine Seefahrt, die Schiffe sind neben dem Bahnhof angebunden wie die Pferde im Wilden Westen. Vielleicht etwas viel an einem Tag. Man kann ohne weiteres zwei daraus machen, in Burgdorf oder Thun übernachten und dann am nächsten Tag durchs Gürbetal zurück nach Bern tuckern. Vorbei am Bäupmoos. Spick mi furt vo hie? Gar nicht nötig, mit dem Zug geniesst man die Freiheit ebenfalls und bleibt auf dem Boden.

Nützliche Informationen

Reise

  • Von Bern mit der RBS nach Solothurn. Weiter nach Burgdorf, dann Thun (je direkte Züge). Von Thun mit der S-Bahn via Belp nach Bern.

Wanderung

  • Mit der Niederbipp-Bahn bis Haltestelle Sternen. Durch Grimmengasse, Drosselweg und den Friedhof zum Eingang der Verenaschlucht und zur Einsiedelei. Zurück auf dem oberen Weg via Kreuzen (1½ Std.)

In die Freiberge

Eine der schönsten Bahnstrecken der Schweiz ist gleichzeitig eine der unbekanntesten. Es ist jene der Jurabahnen zwischen Glovelier und La Chaux-de-Fonds. Sie lässt sich mit einer zauberhaften kurzen Wanderung verbinden. Dazu steigt man schon bei der ersten Station aus. Dort vollführt der rote Zug mitten im einsamen Wald eine Platz sparende Spitzkehre und rollt dann gleich in die andere Richtung davon. Die Combe du Tabeillon ist ein tief eingeschnittenes Tal, eine kleine Märchenwelt, vor allem mit Schnee. In der Mitte plätschert der Bach, die Bäume hüllen sich in dicke grüne Pullover aus Moos und Flechten, helle Kalkfelsen vervollständigen das Bild. Man kommt am Teich von Bollement vorbei, steigt knapp zwei Stunden lang immer weiter hoch, bis das Tal bei La Combe offener wird. Hier beginnen auf gut 800 m ü. M. die Freiberge. Es hat auch ein stattliches altes Restaurant mit angeschlossenem Bauernhof, das Buffet de la Gare, und daneben eben den Bahnhof – sonst nichts. Man kann schon hier günstig mittagessen und den nächsten oder übernächsten Zug besteigen. Die einst bedrohte Strecke hat jetzt den Stundentakt eingeführt. Wenn man gerade Geburtstag hat oder zu viel im Portemonnaie, fährt man hingegen nach Le Noirmont ins berühmte Restaurant des Vielsternekochs Georges Wenger. Dort wird man nebst dem Hunger auch das Geld auf höchst appetitliche und stilvolle Art und Weise los.  In Le Noirmont hat es eine Käserei, die Têtes de Moine herstellt, Mönchsköpfe.

Einen Halt wert ist natürlich die Schachbrettstadt La Chaux-de-Fonds, immerhin Teil eines UNESCO-Weltkulturerbes und mit etlichen Sehenswürdigkeiten gesegnet. Wer Zeit sowie ein GA oder eine Tageskarte hat, kann mit einem noch kleineren Zug den Abstecher ins Vallée de la Sagne unternehmen. Am Schluss ruht das Dorf Les-Ponts-de-Martel mit einem Torfmoor in der Hochebene am Ende der Welt.

Nützliche Informationen

Itinéraire

  • De Bâle ou Bienne à Delémont. Avec le train régional à Glovelier. Changer pour les Chemins de fer du Jura. Retour par le même itinéraire ou via Le Noirmont-Tavannes, resp. La Chaux-de-Fonds-Bienne/Neuchâtel.

Randonnée

  • Combe-Tabeillon–Lac de Bollement–La Combe (aller simple, 2 heures)

Weitere Informationen

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