Der «Storchenvater»

Nicht weit von Solothurn liegt das Dorf Altreu. Hier befindet sich die grösste Storchenkolonie der Schweiz. Dem war nicht immer so.

Die Störche sind zurück. Den Winter haben sie im warmen Süden verbracht. In Südspanien und Marokko, ja sogar im Senegal. Während wir schlotternd in Daunenjacken dem Winter trotzten, haben sie sich die warme Sonne aufs Gefieder scheinen lassen. In den letzten Wochen sind die Temperaturen gestiegen, Zeit für die Störche, die fast zweimonatige Reise zurück in nördliche Gefilde anzutreten. Einige werden bei uns ein Nest beziehen, andere weiter Richtung Osten oder Norden fliegen.

Wir wollen uns aufs Velo schwingen, um die Störche willkommen zu heissen. Zunächst aber geht es mit dem Regionalzug Richtung Solothurn, wo wir kurz nach zehn Uhr aussteigen. Unser Ausflug führt uns von der schönsten Barockstadt der Schweiz via Altreu nach Biel. Die 31 Kilometer lange Strecke ist problemlos zu bewältigen. Ideal also, um unsere Velos zu entstauben und die Waden in Schwung zu bringen. Fast der ganze Weg führt der Aare entlang, meist auf schmalen Feldwegen, zwischendurch über Kies oder Asphalt. Der Fluss scheint noch nicht ganz aus dem Winterschlaf erwacht zu sein, hier und dort schweben Nebelschleier über dem Wasser. Auch die Felder liegen brach. Doch unter der Erde tut sich einiges, schon bald werden sich die ersten Pflanzen zeigen: Mais, Raps oder Rüben? Wie auch immer, wir radeln gemütlich dahin, nur das rhythmische Geräusch der Velos unterbricht die Stille.

Am Ortseingang von Altreu gedenken wir Max Bloesch. Dem «Storchenvater» haben wir es zu verdanken, dass der Weissstorch in der Schweiz wieder angesiedelt werden konnte. Zwischen 1900 und 1950 sank die Zahl der erfassten Horste von 140 auf null. Der Turnlehrer und Vogelfreund Bloesch wollte verhindern, dass sein Lieblingsvogel von der Karte verschwindet. Ab 1955 unternahm er mehrere Reisen nach Algerien, von wo er etwa 300 Jungstörche mitbrachte. Mit den Jahren wurde Altreu zur neuen Wiege und zu einem wichtigen Schutzort der hiesigen Störche.

Auch wenn der Frühling seine Fühler erst vorsichtig ausstreckt, sind auf einigen Hausdächern bereits die ersten Nester besetzt. Ein paar Störche sind damit beschäftigt, ihre Sommerresidenz instand zu setzen, andere verharren regungslos, den Blick in die Ferne gerichtet. Beim Informationszentrum «Witi» stehen wir vor verschlossenen Türen. Die Saison beginnt erst am 15. April. Ab dann kann man sich im Infozentrum über die Natur und Kulturlandschaft der Region informieren sowie über die Massnahmen, mit denen die anspruchsvollen geflügelten Besucher auch weiterhin zum Bleiben verleitet werden sollen. Wir steuern aufs Restaurant «Zum grüene Aff» zu, wo wir zu unserer Freude erfahren, dass sonntags ein Brunch serviert wird.

Einige Zeit später nehmen wir die zwanzig Kilometer bis Biel unter die Pedale. Wir folgen den Schlaufen der Alten Aare südlich von Meinisberg und entdecken das «Häftli», ein Naturschutzgebiet von nationaler Bedeutung für Wasser- und Zugvögel. Kein Zweifel: Dieser Tag steht ganz im Zeichen der Ornithologie.

Nützliche Informationen

Route: Ab Bahnhof Solothurn der Route Veloland Schweiz Nr. 5/8 bis Biel folgen, und von dort den Wegweisern zum Bahnhof.

Velos: Rent-a-Bike-Stationen in Solothurn und Lyss, www.rentabike.ch

Infozentrum «Witi»: Ab 15. April täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Eintritt frei. Möglichkeit, die Störche mit einer Kamera aus der Nähe zu beobachten. www.witi-schutzzone.ch

Gastronomie: Restaurant «Zum grüene Aff», www.zumgrueneaff.ch, Tel. 032 641 10 73

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