Ein Hoch auf die Langsamkeit

Am Ufer des Genfersees lädt das Städtchen Morges zu Ruhe und Erholung.

Die Region Morges ist ein riesiger Garten am Wasser. Neben zahlreichen Beeten mit bunten Tulpen spürt man hier die Liebe zur Region und einen Sinn für «Slow Tourism».

Durchatmen, bewundern und vor allem sich Zeit nehmen: Vor ein paar Jahren setzte sich Morges das ehrgeizige Ziel, das erste «Slow Tourism»-Reiseziel der Schweiz zu werden. Hinter dem Anglizismus versteckt sich ein Versprechen – wie ein Gegenmittel gegen den Stress des Alltags: Die kleine Waadtländer Stadt lädt zum Entschleunigen ein.
Um den langsamen Tourismus zu kultivieren und Qualitätsangebote zu schaffen, hat sich das Tourismusbüro von Morges mit Partnern wie dem Naturpark Jura Vaudois und den Unternehmen des öffentlichen Verkehrs der Region zusammengetan. Morges ist auch das erste Reiseziel in der Westschweiz, das sich dem Programm «Cause We Care» von myclimate angeschlossen hat. Es ermöglicht den Touristinnen und Touristen, bei der Buchung von Übernachtungen und Aktivitäten freiwillig einen kleinen Betrag zugunsten der nachhaltigen Entwicklung zu spenden. Morges Tourismus verdoppelt diesen anschliessend, indem es mit einer gleich hohen Summe regionale Umweltprojekte finanziert. Das sind hervorragende Gründe, die Schätze dieser Region noch genauer unter die Lupe zu nehmen.

Zu Fuss zum Markt

Die Füsse im Genfersee, den Kopf in den Hügeln des regionalen Naturparks des Juras – ihre privilegierte Lage macht die Region Morges zu einem Reiseziel mit tausend Facetten. Bevor wir die Waadtländer Landschaft und ihre malerischen Dörfer erkunden, starten wir unseren Aufenthalt mit einem Besuch des Stadtzentrums.
Vom Bahnhof aus gelangen wir in wenigen Schritten zur Hauptstrasse und tauchen in die Menschenmenge ein, die gekommen ist, um den Markt zu geniessen. Jeden Mittwoch- und Samstagmorgen nehmen die Stände – zur grossen Freude der einheimischen Bevölkerung und der durchreisenden Touristinnen und Touristen – die Fussgängerzone ein. Hier finden sich regionale Produkte, unverpackte Lebensmittel, Früchte und Gemüse in allen Farben sowie Kunsthandwerk.
Dank seiner bescheidenen Grösse wird das Stadtzentrum von Morges gern zu Fuss besucht. Nach dem Trubel der Stadt bietet das Seeufer einen meditativen Spaziergang. Kultur- und Geschichtsfans erfreuen sich an einem der fünf Museen im majestätischen Schloss Morges.

Blumige Blütenpracht

Verschiedene Blütezeiten bestimmen das Jahr in Morges und verleihen dem Städtchen den Spitznamen «La Coquette». Im Frühling zeigt es sich von seiner schönsten Seite, um sein Wahrzeichen, die Tulpe, zu feiern. Von März bis Mai strömen die Menschen in Scharen hierher, um die über 100 000 Tulpen zu sehen, die den Unabhängigkeitspark schmücken. Das Event feiert dieses Jahr seine 52. Ausgabe mit einem Ton- und Lichtspektakel, das ursprünglich für die 50. Ausgabe geplant war, aufgrund der Pandemie aber verschoben wurde. Vom Sommer bis in den Herbst hinein schmücken Dahlien das Quai Igor-Stravinsky.
Es ist Zeit, Morges zu verlassen und die Region zu erkunden. Dank des gut ausgebauten ÖV-Netzes lässt sich die Waadtländer Landschaft mühelos durchqueren. Der Blick aus dem Fenster verliert sich zwischen den bewirtschafteten Feldern und den malerischen Dörfern.
Eine kurze Busfahrt ermöglicht uns, das Schloss Vullierens zu besuchen und in die Magie seiner prächtigen Gärten einzutauchen. Iris sind die Stars dieser idyllischen Natur, aber wir bewundern auch Tulpen, Rosen, Rhododendren oder Lilien. Es lohnt sich, hierfür einen ganzen Tag einzuplanen. So lassen sich die 30 Hektaren und neun Themengärten durchkämmen und die beeindruckende Skulpturensammlung bewundern. In dieser idyllischen Umgebung geniesst man eine beeindruckende Sicht auf die Alpen und den Mont Blanc.

Wir pressen und vinifizieren

Auf die Pupillen-Freuden folgen die Papillen-Freuden. In der Philosophie des «Slow Tourism» ist die Gastronomie ein schmackhafter Ausgangspunkt; man entdeckt eine Destination über Produkte, die etwas über ihre Geschichte, Kultur und Landschaft erzählen.
Bei unserer Ankunft in der Ölmühle von Sévery werden wir vom Geruch des traditionell gepressten Öls begrüsst – ein Ort für Fans regionaler Leckereien, an dem seit sechs Generationen ein jahrhundertealtes Wissen weitergegeben wird und hausgemachte Öle, aromatisierte Senfarten sowie Essig hergestellt werden. In einer Führung zeigt uns das engagierte Team den Herstellungsprozess von Nussöl – der Spezialität des Hauses –, das wir warm und frisch gepresst verkosten.
Wir verlassen Sévery und fahren ins Dorf Echichens. Auf dem Weingut Henri Cruchon ist die Liebe zur Region ebenfalls eine Familiengeschichte. Im hübschen Kellergewölbe des Weinkellers degustieren wir einige der sechzehn biodynamisch angebauten Rebsorten – eine Methode, die den Einsatz von Chemikalien, Herbiziden und synthetischen Düngemitteln verbietet. Das Weingut in Morges besticht durch die Qualität seiner Weine – den berühmten Waadtländer Chasselas, aber auch viele andere Rebsorten. Auf dem Weingut Henri Cruchon ist die neue Generation ausnahmslos weiblich und hat – augenzwinkernd – das Sortiment «Les filles vinifient» (dt.: Die Mädchen vinifizieren) kreiert.

Ruhe und Literatur

Nach unserem Aufenthalt in Morges folgt noch ein Besuch in Montricher. Oberhalb des Dorfes hebt sich ein Durcheinander aus kubischen Gebäuden unter einem seltsamen weissen Vordach von der grünen Umgebung ab. Die Stiftung Michalski wurde 2004 gegründet, um literarisches Schaffen und das Interesse am Lesen zu fördern. Der Komplex umfasst einen Hörsaal und einen Ausstellungsraum. Bis Juli blickt die Ausstellung «Le reflet des mots» auf das Werk des Berner Künstlers Markus Raetz.
Der Komplex umfasst auch Wohnungen für Schriftstellerinnen und Schriftsteller und eine beeindruckende Bibliothek. In den Regalen warten mehr als 80 000 Werke der modernen und zeitgenössischen Literatur auf Interessierte. Die Stiftung Michalski ist das Abbild der Region Morges – eine Oase der Ruhe, in der man gern Halt macht und die Natur, den See und die Berge bestaunt.

Praktische Informationen

Übernachten: La Maison d’Igor unweit des Stadtzentrums von Morges. Ein charmantes Hotel in einem sehr schönen Gebäude, in dem der russische Komponist Igor Stravinsky lebte, mit italienischem Restaurant und schönem Garten. www.maison-igor.ch 
Mehr Informationen über «Slow Tourism» und das Reiseziel: www.morges-tourisme.ch

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