Touren in die Natur

Eine Seereise mit Abstechern

Die Ufer des Bodensees gelten als Mekka für leichte Velotouren. Es lohnt sich aber, da und dort einen Abstecher ins Landesinnere zu unternehmen.

Die Region Bodensee erwarb sich früh den Ruf als Fahrradparadies für Familien: schon in den 1980er-Jahren, als Veloförderung und Klimakatastrophe noch in den Kinderschuhen steckten. Seither ist viel Zeit vergangen, die Dinge haben sich entwickelt. Am Bodensee gibt es immer noch viele Velotouristen (220000 pro Jahr), aber es gibt auch immer mehr Autos, Strassen, Häuser und Aldis. So ist der Radweg rings um das Schwäbische Meer nicht mehr überall das reinste Vergnügen, auch wenn der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club der 260 Kilometer langen Umrundung gute Noten erteilt. 70 Prozent der Strecken sind demnach nicht oder nur schwach vom Autoverkehr beeinträchtigt.

Um Abwechslung in die Seerundfahrt zu bringen, lohnt es sich auf jeden Fall, Varianten auszuprobieren. Unser Vorschlag tut dies entlang der östlichen und nördlichen Ufer des Gewässers, dort, wo man einige der sehenswertesten Sehenswürdigkeiten zu Gesicht bekommt und die Tour je nach Geschmack mit Kultur würzen kann: mit Städten, Kirchen, Museen und Klöstern.
Start in Romanshorn

Romanshorn ist der Ausgangspunkt, man erreicht es leicht und schnell mit dem Zug und kann gleich loslegen Richtung Vorarlberg. Die Route ist gut ausgeschildert. So muss man kaum je die Karte zu Rate ziehen und kann die Gegend in allen Dimensionen betrachten. Oben schwebt wie ein träger Fisch ein weisses Luftschiff dahin. Es erinnert daran, dass Graf Zeppelin einst in Friedrichshafen seine Flugobjekte herstellte, die von vielen Pannen und Abstürzen betroffen waren. In der modernen Form sind die „Zeppeline“ sicherer, jedoch zu langsam, um die Flugzeuge ernsthaft zu konkurrieren. Das moderne Reisen macht das Ziel zum Ziel, nicht den Weg.

Ausser man sei mit dem Velo unterwegs. In Arbon kommt man dabei zum ersten Mal direkt ans Seeufer. Es ist ein schönes Städtchen, mit einem Schloss und ruhigen Hotels im historischen Teil. Früher war Arbon ganz von der Firma Saurer beherrscht, die bis 1987 Lastwagen herstellte. Ein Museum auf dem Firmengelände erinnert an die glorreiche Zeit der Dieselmotoren. Überhaupt scheint die Region ein Nährboden für die Herstellung motorisierter Verkehrsmittel zu sein. In Altenrhein radelt man an der ehemaligen Flugzeugfabrik vorbei; in den Hallen entstehen jetzt Züge.

Wir verzichten auf Motoren, treiben die kleine Königin mit Muskelkraft vorwärts, was auch flott geht. Schon haben wir bei Rheineck den Alten Rhein überquert, die Republik Österreich heisst uns willkommen. Wir rollen dem Fluss entlang zum See, um über den Damm weiterzuradeln. Bei Hard kürzt seit jüngst eine edle Velobrücke über die Bregenzer Ach den Weg ab, was sehr freundlich ist. Bregenz ist sowieso eine Kulturstadt. Sie ist bekannt durch die Seefestspiele (heuer wird Carmen aufgeführt) und das Kunsthaus sowie die lange Promenade am Gestade, wo es sich gemütlich dem Sonnenuntergang entgegenträumen lässt.

Städte und Hügel

Gemütlich ist es auch in Lindau, der Inselstadt, die mit zwei Brücken ans Festland festgemacht ist. Einsam ist man nicht, ganz im Südwesten des Freistaats Bayern. Lindau ist wie die Insel Mainau ein Touristenmagnet, wobei der Hafen die grösste Attraktion bildet mit den beiden Leuchttürmen und dem Blick über die weite Wasserfläche, die unter der Mittagssonne funkelt.

Wir machen jetzt einen ersten Abstecher in die Hügel, die nach kurzer Zeit eine ganz andere Landschaft bilden. Auf immer kleineren Strässchen erreichen wir den Degersee und den Schleinsee mit ihren bewaldeten Ufern. Sehr anmutig ist die Fahrt entlang der Argen, die uns an den Rand des Bodensees zurückbringt, dem wir bis Friedrichshafen folgen.

Zeppelinmuseum oder Glacé und Kaffee am Hafen? Eine Pause drängt sich auf, um der Stadt die Reverenz zu erweisen, die im Spätsommer die grösste europäische Fahrradmesse organisiert. Im Museum erfahren die Besucher, dass die Luftschiffe mehr als technische Geräte waren, nämlich auch ein populärer Mythos. Wo sie landeten oder verunfallten setzte man ihnen Gedenksteine, als wären es Lebewesen.

Zum Schloss Salem

Der zweite Abstecher ist länger. Bei Fischbach geht es sanft hinauf zum Kloster Salem. Es ist eine eindrückliche Anlage mit dem Münster, der Prälatur, die drei Höfe bildet, mit dem Hofgarten, Wirtschaftsgebäuden, einem Feuerwehrmuseum und einem alten Gefängnis, in dem heute eine Weinstube eingerichtet ist. Salem war bis zur Säkularisierung in der Zeit Napoleons ein Zisterzienserkloster. 1802 wurde es in ein Schloss umgewandelt und zum Wohnsitz des Markgrafen von Baden, der hier noch heute seinen Verwaltungssitz hat. Der grösste Teil der Anlage gehört aber dem Land Baden-Württemberg.

So bewegt man sich zwischen Kultur und Natur, zwischen Kirchtürmen, Hopfenplantagen und den Schilfgürteln des Bodensees, den wir unterhalb der Klosterkirche Birnau wieder ansteuern. Überlingen ist die nächste Station. Ein einladendes Städtchen. Das Münster zählt zu den grössten spätgotischen Kirchen in Schwaben. Kunsthistoriker loben die Qualität und Vollständigkeit seiner Ausstattung. Von Überlingen bringt uns eine Fähre nach Wallhausen hinüber auf den Bodanrücken, der den See teilt. Nun ist es nicht mehr weit bis nach Konstanz, von wo aus man die SBB-Züge besteigen kann, die in kurzem Abstand losfahren.

Mehr als Aldi

Nicht zu schnell: Konstanz ist die grösste und schönste Stadt am Bodensee. Ausser dem billigen Aldi, von dem die in Scharen aus der Eidgenossenschaft einfallenden Einkaufstouristen ihr Liedl singen, gibt es auch die faszinierende und äusserst belebte Hafenpromenade mit ihren Cafés und Restaurants; es gibt die verkehrsfreie Altstadt, das Münster. Konstanz ist einen längeren Besuch wert. Man sagt, das Konzil habe nicht nur deshalb so lange gedauert (von 1414 bis 1418), weil es das kriselnde Papsttum zu retten galt, sondern auch, weil es den 30000 Teilnehmern in der Stadt zwischen Obersee und Untersee so gut gefiel. Wobei die Kurtisane Imperia, der an der Hafeneinfahrt eine drehbare Statue aus Beton gewidmet ist, die heimliche Herrscherin gewesen sein soll: über Geistliche, Fürsten und ihr Gefolge.

Nützliche Informationen

Anreise/Rückreise: Gute Zugverbindungen mit Velotranport nach Romanshorn und Konstanz (mit SBB-Schalter)

Karte: VCS-Velokarte Bodensee-Thurgau

Route: Zirka 180 Kilometer, meist flach mit einigen sanften Steigungen

Abweichungen von offizieller Route:

  • Nach Rheineck (hinunter zum Damm am Ufer).
  • Vor Bregenz: In Hard entlang der Dornbirner Ach zur Fussacher Bucht, dann über die neue Velobrücke und hier wieder zum See.
  • Nach Lindau: Nach der Eisenbahnbrücke auf einer „grünen“ Route der VCS-Velokarte: Schönau, Taubenberg, Unter-Reitnau, Wettis, Wielandsweiler, Nitzenweiler, Betznau über die Autostrasse, dann entlang der Argen.
  • Nach Friedrichshafen: Ab Manzell zunächst der Bahnlinie folgen, dann durch Kreuzäcker, Bürgberg, Bermatingen, Buggensegel, Mimmenhausen, Schloss Salem. Hier zunächst leicht retour, dann rechts nach Mendlishausen, beim Affengehege rechts, durch den Wald und zur Klosterkirche Birnau.

Linkwww.bodensee-radweg.com

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