Franz Hohler und die Kapuziner

Was verbindet Franz Hohler und die Kapuzinermönche? Es ist eine Stadt, welche die Meisten wohl nur vom Durchfahren, bestenfalls vom Umsteigen kennen: Olten.

Dass Olten mehr zu bieten hat als den Bahnhof, war mir schon bei einem früheren, kurzen Besuch aufgefallen und so machte ich mich an einem Herbsttag auf, Olten bewusst anzuschauen und zu erleben.

Nach Verlassen der imposanten Bahnhofshalle, die schon fast Grossstadtflair ausstrahlt und Durchqueren der Bahnhofunterführung komme ich direkt an die Aare und es bietet sich mir ein wunderschöner Blick auf die Altstadt.

Über die «alte Brücke», einer Holzbrücke, die erstmals 1295 in Texten erwähnt und mehrmals durch Feuer oder Wasser zerstört wurde, gelange ich an das andere Aareufer. Die Brücke ist quasi das Tor zu den verwinkelten Gassen der Oltener Altstadt, die eine Menge an historischen Gebäuden zu bieten hat, von denen ich ein paar wenige, die mir auf meinem Rundgang aufgefallen sind, etwas näher vorstellen will.

Da ist gleich kurz nach der Brücke auf der linken Seite der imposante, 42 Meter hohe Stadtturm, der für mich als Auswärtigen im ersten Augenblick wie ein Kirchturm ohne Kirche aussieht. Im Prospekt «Rundgang durch Oltens Geschichte» lese ich dann auch, dass der Stadtturm tatsächlich ursprünglich zur Stadtkirche gehörte, die aber bereits 1844 abgerissen wurde, weil sie baufällig war. Den Turm liess man als Zeit- und Glockenturm stehen und noch heute ertönen die Glocken bei jeder Abdankung, die auf dem nahe gelegenen Friedhof Meisenhard gehalten wird und er gibt mit der Angelus-Glocke das Zeichen zum Feierabend. Bis vor wenigen Jahren, als das Geläut im Stadtturm auf elektrische Bedienung umgestellt wurde, versah ein «Stadtglöckner» diesen Dienst.

Hält man nach der Holzbrücke rechts, kommt man nach ein paar Schritten zum Klosterplatz. Vor dem Kloster steht ein kleines Gebäude, das für mich wie eine Villa im Kleinformt wirkt, tatsächlich aber ein Toiletten-Häuschen ist. Selten kann man sein «Geschäft» in einem so stilvollen Rahmen erledigen. Das 1646 gegründete Kloster steht mitten in der Stadt uns ist quasi das «Herz Oltens». 15 Kapuzinermönche leben zurzeit hier, leisten Seelsorge in Olten und Umgebung und sind Heimatbasis für Missionare.

Adventsmarkt im Klostergarten

Immer anfangs Dezember verwandelt sich der Klostergarten vier Tage lang in einen Adventsmarkt, der zum Verweilen und zu Begegnungen einlädt. Die weihnächtlich geschmückten Chalets bieten Ideen für Geschenke, in der Kapuzinerstube, der Kaffeestube, der Raclettestube und beim Grillstand kann man sich verpflegen. Das Rahmenprogramm in der Klosterkirche lädt ein zur Besinnung und zu adventlichen Konzerten. Den Reingewinn des Adventsmarktes geht an armutsbetroffene Menschen im In- und Ausland.

Gegenüber dem Kloster fällt mir ein Haus auf, dessen Fassade ganzflächig mit Fresken bemalt ist – es ist das heutige Restaurant Rathskeller. Das Haus wurde erst kurz vor 1900 unter Verwendung alter Bauteile zu einer Wirtschaft umgebaut. Vorher diente es jahrhundertelang als Gaststall des wohl ältesten Oltner Gasthauses, der Herberge «zum Löwen. Die Fresken erhielt das Haus 1906 durch den Luzerner Maler Emil Kniep.

Durch den «Graben», so heisst die Strasse, die mich wieder zurück zur Hauptgasse führt, gelange ich zur Stadtkirche St. Martin. Nebst dem, dass die Kirche eine beeindruckende Grösse hat, ist sie auch aus einem anderen Grund etwas Besonderes: Obschon mit über 40% die grosse Mehrheit der Oltener römisch-katholischen Glaubens ist (gefolgt von rund 25% Reformierten), gehört die Kirche der mit 2% kleinen Minderheit der Christkatholischen Gemeinde. Sie bietet aber auch Raum für ökumenische Gebetsstunden, Anlässe und Begegnungen, Gottesdienste anderer Konfessionen und Konzerte.

Als sich mein Blick auf der Kreuzung Ringstrasse/Frohburgstrasse nach rechts wendet, fällt mir sofort das Haus mit der runden Fassade auf, das die Bäckerei-Konditorei und das Café Ring beherbergt. Wer ein süsses Mitbringel aus Olten sucht, der wird hier fündig: Die legendären «Oltner Ringli», eine Schokoladen-Spezialität, sind eine Sünde wert.

Stadt der Literaten

Ein paar Schritte weiter bietet sich mir ein Ausblick auf die zweite grosse Kirche, die den Namen eines der bekanntesten Heiligen der katholischen Kirche – St. Martin – trägt. Mit gleich zwei Türmen ist auch sie eine imposante Erscheinung und ein lohnendes Fotomotiv.

Als Fremdkörper inmitten der vielen historischen Gebäude empfinde ich das Oltener Stadthaus, ein Betonhochhaus, in dem sich seit 1965 die Stadtverwaltung befindet. Gemäss Wikipedia ist es ein «Bauzeuge der modernen Schweizer Architektur», dessen Baugestalt mit den hohen Betonpfeilern, der Fassadengliederung und der Ausstattung mit Aufbauten auf dem Dachgeschoss von der mächtigen Wohnanlage Unité d’Habitation von Le Corbusier bei Marseille abgeleitet sind.

Am Schluss meines Rundgangs treffe ich mich mit Stefan Ulrich, dem Geschäftsführer von Olten Tourismus, um von ihm noch mehr über Highlights in Olten zu erfahren. Er macht mich besonders auf den «Schweizer Schriftstellerweg» aufmerksam. Unter dem Namen «Olten – LiteraTour Stadt» werden drei grosse Touren angeboten, die den eng mit Olten verbundenen Literaten Franz Hohler, Alex Capus und Pedro Lenz gewidmet sind. An jedem der 33 Standorte der Touren kann man sich mittels einer Audiodatei, die aufs eigene Smartphone geladen werden kann, Texte dieser udn anderer Oltner Dichter anhören. Wer kein Smartphone besitzt, kann sich im Touristcenter einen iPod ausleihen.

Nach dem Gespräch mit Stefan Ulrich mache ich mich über die Bahnhofbrücke auf dem Rückweg zum Bahnhof mit der festen Absicht, Anfang Dezember zum Adventsmarkt nochmals einen Ausflug nach Olten zu machen  und mich vom vorweihnächtlichen Ambiente, das die ganze Stadt ausstrahlt, in den Bann ziehen zu lassen. Vielleicht begegnen wir uns ja?

|
Diese Seite wird nur mit JavaScript korrekt dargestellt. Bitte schalten Sie JavaScript in Ihrem Browser ein!
.hausformat | Webdesign, TYPO3, 3D Animation, Video, Game, Print