Schweden oder Finnland? Beides!

Åland umfasst 6700 Inseln und Schären und liegt zwischen Schweden und Finnland in der Ostsee.

Lebensqualität in Dänemark, Geschichte in Schweden und lange Nächte in der nördlichen Ostsee: Eine Zugreise führt die Autorin mitsamt Familie über Kopenhagen und Stockholm bis zur Inselgruppe Åland.

Früh am Samstagmorgen starten wir unsere Zugreise nach Nordeuropa. Um den Anschluss in Basel nicht zu verpassen, entscheiden wir uns in Bern für eine frühere Verbindung als nötig. Schliesslich lernt man aus seinen Erfahrungen: Bei unserer letzten Reise blieb der Zug in Bern wegen eines technischen Defekts stehen und die Fahrt nach Brüssel verzögerte sich massiv. 

Die eintägige Zugreise führt über Basel, Hamburg, Flensburg und Fredericia (DK) nach Kopenhagen. Wegen der teils zeitlich knapp bemessenen Umsteigezeiten haben wir schon damit gerechnet, verspätet in Kopenhagen anzukommen, wo wir die nächsten drei Tage verbringen werden. Die Reise verläuft jedoch wie am Schnürchen.

Kopenhagen mit Schwung

Just neben dem Kopenhagener Bahnhof liegt der Freizeitpark Tivoli – die perfekte Entschädigung für jedes Kind, das 15 Stunden in Zügen und an Bahnhöfen verbringen musste. Für die Eltern verblasst dagegen die Erinnerung an die komfortable Zugreise mit dem ersten Looping der Achterbahn.

Kopenhagen gilt schon lange als Vorbild für aufstrebende schweizerische Velostädte. Die dänische Hauptstadt ruht sich aber nicht auf ihren Lorbeeren aus und will bis 2025 die weltbeste Fahrradstadt sein. Dafür werden Radwege auf drei (!) Fahrsteifen erweitert, zusätzliche Brücken nur für Fuss- und Velowege gebaut, Kreuzungen sicherer gemacht und noch mehr Veloabstellplätze erstellt.

Zum nationalen Aquarium von Dänemark nehmen wir die Metro nach Kastrup, einem Vorort von Kopenhagen. Zurück in Kopenhagen geniessen wir die hohe Lebensqualität: Wir besuchen ein Jazz-Festival in den Gassen, machen eine Bootsfahrt durch den Hafen, flanieren durch die Freistadt Christiania und verschlingen mehrere Varianten von Smörrebröd, der dänischen Spielart des belegten Butterbrots.

Zwischenhalt in Stockholm

Die Zugreise von Kopenhagen nach Stockholm dauert mit dem Hochgeschwindigkeitszug rund fünf Stunden. Eine riesige Baustelle prägt das Zentrum der schwedischen Hauptstadt: Der Umbau des Bahnhofs Slussen dauert noch bis 2025 und ist der Grund, weshalb sich das Zugbillett für diese Strecke in der Schweiz zurzeit nur schwer buchen lässt.

Die ortskundige Bevölkerung bewegt sich erstaunlich souverän und entspannt durch die Umleitungen und Ersatzwege. Gäste können sich auf die vorbildliche Signalisation verlassen oder werden von hilfsbereiten Angestellten der öffentlichen Verkehrsdienste angesprochen und auf den richtigen Weg geleitet.

Ein Muss ist der Besuch des Vasa-Museums! Das Schiff Vasa sank 1628 vor Stockholm wegen schwerer Konstruktionsfehler bereits bei seiner Jungfernfahrt. Es war derart instabil gebaut, dass ein Windstoss ausreichte, um es zum Kentern zu bringen. Nach 333 Jahren auf dem Meeresgrund wurde das imposante Kriegsschiff geborgen. Die fast 70 Meter lange Holzkonstruktion mit Hunderten kunstvoll geschnitzten Holzskulpturen blieb dank des hohen Schwefelanteils im Hafenwasser vollständig erhalten.

In zwei Ländern

Nach drei Tagen in Stockholm geht es weiter mit der Fähre nach Åland. Die Fahrten zur Inselgruppe in der Ostsee, eine autonome finnische Provinz mit schwedischsprachiger Bevölkerung, sind – nicht zuletzt wegen der zollfreien Einkäufe – sehr beliebt. Sie werden sowohl von Einheimischen als auch von Touristinnen und Touristen gerne als Tagesausflug gebucht. Die Fahrt dauert rund drei Stunden und führt entlang grösserer bewaldeter Inseln und später zunehmend kleinerer, karger Felsenarchipelen bis ins offene Meer nach Åland.

Åland hat ein eigenes Autokennzeichen, eigene Briefmarken und eine eigene Flagge – ein gelb umrandetes rotes skandinavisches Kreuz auf blauem Grund. Finnland oder Schweden? Die Flagge vereinigt die Farben der Flaggen beziehungsweise der Wappen beider Länder und steht damit symbolisch für die Zugehörigkeit zu beiden Ländern. 

Auf der Hauptinsel führen fünf Buslinien aus der Hauptstadt Mariehamn hinaus. Wir haben ein Häuschen an einer abgelegenen Stelle ganz im Norden der Hauptinsel gemietet und uns daher entschieden, ein Auto zu mieten. Åland ist aber ziemlich flach und lässt sich auch gut per Velo erkunden – selbst wenn es nicht überall Velowege gibt. Dafür ist im Sommer ein Inselhüpfen mit Velofähren möglich.

Auf Wiedersehen Wildnis

Durch seine Lage in der Ostsee hat Åland ein milderes Klima als Schweden oder das finnische Festland. Der Klimawandel macht auch vor den Schäreninseln keinen Halt: Mächtige Bäume liegen entwurzelt am Boden, gefällt von einem Jahrhundert-Orkan, der an Neujahr 2019 rund einen Drittel des Baumbestandes der Hauptinsel zerstört hat. Und mit Temperaturen um die 30 Grad Celsius erleben wir im Sommer Werte weit über dem Durchschnitt.

Åland ist ein Anglerparadies: Im Wasser tummeln sich Hecht, Barsch, Forelle oder Zander. Wir bevorzugen es allerdings, Fische, aber auch Seeadler, Gänse und Ringelnattern beim Stehpaddeln oder Kajakfahren zu beobachten. Dafür geniessen wir lokale Produkte: Mit Stallhagen-Bier, Beerenlimonade, Apfelsaft – Åland ist Finnlands Apfelgarten –, Salaten, Lachs, Lammfleisch, Broten und den vielen Milchprodukten lässt es sich ausgezeichnet bis spät in die ewig helle Nacht aushalten.

Nach zwei Wochen in der Wildnis ist die Rückkehr in die Zivilisation gewöhnungsbedürftig. Auf der Rückreise übernachten wir in Stockholm und fahren anschliessend am Stück zurück nach Bern – mit wunderschönen Bildern im Kopf.

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