Sie zu sehen, ist ein Muss

Das Prädikat «Unesco-Welterbe» ist eine Auszeichnung für ein exklusives Naturoder Kulturgut. Die Schweiz verfügt gleich über 13 Welterbestätten. Wir stellen eine Auswahl davon vor.

Die Schweiz hat viele Ausflugsziele mit internationalem Ruf zu bieten: Beispielsweise sind vier herausragende Naturphänomene und neun grossartige Kulturleistungen hierzulande als Unesco-Welterbestätten ausgezeichnet. Dieses Label erhalten ausschliesslich Kultur- und Naturgüter von «aussergewöhnlichem universellem Wert». Die 13 Unesco-Welterbestätten der Schweiz stehen für die bedeutendsten Natur- und Kulturschätze unseres Landes – ein Muss, sie gesehen und erlebt zu haben. Drei dieser Unesco-Welterbestätten haben wir bereits in der Juni-Ausgabe vorgestellt, weitere sechs folgen hier.

Weitere Informationen: www.unsererbe.ch

Drei Burgen sowie Befestigungen und Mauern von Bellinzona

Erbaut wurden die Festungsanlagen in Bellinzona von den Herzögen von Mailand – und sie sollten vor allem eines: Die gefürchteten Schweizer Eidgenossen vom Durchbruch nach Süden abhalten. Denn schon damals befand sich der Tessiner Ort an einer wichtigen strategischen Position zwischen Nord und Süd. Heute gehören die drei imposanten Burgen und die Stadtmauern zu den bedeutendsten Zeugen der mittelalterlichen Befestigungsbaukunst. Im Lauf der Jahrhunderte wurden die drei Burgen Castelgrande, Montebello und Sasso Corbaro mehrfach wieder aufgebaut und restauriert. Mit ihren pittoresken Mauern, Türmen, Zinnen und Toren präsentiert sich die Anlage heute über weite Strecken wieder in ihrer ursprünglichen Pracht – mit modernen Akzenten: So gilt etwa das Castelgrande als Musterbeispiel für die Symbiose von historischer Substanz und moderner Architektur.

Stiftsbezirk St. Gallen

Vor gut 1400 Jahren gründete der irische Wandermönch Gallus das Kloster St. Gallen. Dieses entwickelte sich im Lauf der Zeit zu einem bedeutenden Zentrum der Schreibkunst und Buchmalerei. Bis zum Aufkommen des Buchdrucks um 1450 wurden hier Bücher von den Mönchen mit Feder und Tinte kopiert, denn Abschreiben war damals die einzige Möglichkeit, um Texte zu vervielfältigen. Heute verfügt die Stiftsbibliothek über rund 170 000 Bücher, die von der damaligen Handwerkskunst zeugen. Dazu gehört beispielsweise der «Abrogans», das älteste erhaltene Buch in deutscher Sprache. Ausserdem beherbergt die Bibliothek eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen von Handschriften. Eindrücklich ist auch der Barocksaal mit Galeriegeschoss und kunstvoll ausgemalter Decke. Er gilt als der wohl schönste Saal aus dieser Epoche in der Schweiz. der Schwarzen Kirche ab, deren imposante Grösse im Kontrast zu den anderen Monumenten steht. Sie ist die grösste gotische Kirche Osteuropas. Aus dem buckeligen Relief von Braşov hebt sich der Hügel Tâmpa ab, ganz oben thront der Name der Stadt in Hollywood-Zeichen-Manier. Der Aufstieg zu Fuss dauert knapp eine Stunde oder man nimmt die Seilbahn, wenn dort nicht gerade «defecțiune tehnică» steht. Vom Stadtzentrum führen zwei oder drei Gässchen und eine Treppe zum Ausgangspunkt für den Spaziergang. Der Weg taucht direkt in den herbstlichen Wald ein. Eng und steinig schlängelt er sich unter den Seilbahnkabeln durch. Schon bald bricht das Panorama durch die Äste der Bäume und verheisst viel Schönes. Oben angekommen, geniessen wir bei den grossen, weissen Buchstaben die atemberaubende Aussicht. Zu unseren Füssen zeichnen sich die Umrisse der Stadt Braşov ab: der Hauptplatz, das Alte Rathaus – mittlerweile ein Geschichtsmuseum – und die Schwarze Kirche, die selbst von hier oben unverhältnismässig aussieht.

Stadtlandschaft Uhrenindustrie: La Chaux-de-Fonds und Le Locle

Zenith, Corum oder TAG Heuer sind Marken, deren Luxusuhren noch heute in La Chaux-de-Fonds oder Le Locle hergestellt werden. Die beiden Städte gehören zum Weltkulturerbe, da sie die gelungene Symbiose von Urbanistik und Uhrenindustrie zeigen und weltweit einmalige Beispiele von Manufakturstädten sind. Gemeint ist damit: Die Planung der beiden Städte im 19. Jahrhundert war einzig auf die Bedürfnisse der damals dort schon ansässigen Uhrenindustrie ausgerichtet. Möglich war dies, da Feuersbrünste beide Städtchen beinahe vollständig zerstörten. Ihr Wiederaufbau brachte so die auch heute noch gut sichtbare spezielle Symbiose von Architektur und Technik zustande: Kombinierte Wohn- und Arbeitshäuser mit vier bis fünf Geschossen. Unten wurde gewohnt, oben – in den Räumen mit viel Tageslicht – waren die Uhrmacherateliers untergebracht. Und damit unter anderem die Transporte zwischen den einzelnen Manufakturen möglichst schnell vonstatten gingen, ordnete man die Strassen schachbrettartig an.

Benediktinerinnen-Kloster St. Johann in Müstair

Die Nonnen staunten nicht schlecht, als ihr Kloster 1983 in die Liste der Unesco-Welterbestätten aufgenommen wurde. Denn damals befand sich die Anlage in einem erbärmlichen Zustand. Seither wird in Müstair nicht nur eifrig renoviert, sondern auch geforscht. Längst hat sich das Kloster nämlich als Garant für historische Überraschungen entpuppt: Weil es nie völlig zerstört wurde, repräsentiert die Anlage heute gut 1200 Jahre Baugeschichte. Der sogenannte Plantaturm beispielsweise stammt aus dem Jahr 960 und ist damit der älteste Wohn- und Wehrturm im ganzen Alpenraum. Ausschlaggebend für die Aufnahme in die Welterbeliste waren aber die Wandmalereien in der Klosterkirche: Sie bilden den grössten und besterhaltenen Freskenzyklus aus dem Frühmittelalter. Nur schon deshalb lohnt sich ein Besuch der restaurierten Klosteranlage. Aber auch, weil man einen schönen Einblick in den heutigen Alltag der Nonnen erhält.

Monte San Giorgio

Nicht nur die Aussicht vom Gipfel des Monte San Giorgio über den Lago di Lugano ist atemberaubend. Auch der Blick ins Innere des Berges hat einiges zu bieten: Dort lagern 240 Millionen Jahre alte Fossilien. Bis heute wurden gut 20 000 solcher Zeugen von längst vergangenem Leben ausgegraben. Damit zählt der Monte San Giorgio zu den weltweit grössten Fundstätten für Fossilien aus der Triaszeit. Damals befand sich hier eine Küstenlandschaft mit Inseln, Lagunen, kristallklarem Meerwasser und feinsandigen Stränden. Mit der Auffaltung der Alpen war es aber vorbei mit der Karibikidylle: Der Meeresboden wurde nach oben gedrückt und tauchte hier als Monte San Giorgio aus dem Wasser auf. Von der Zeit, als in dieser Region zahlreiche Saurier oder aus Südchina stammende Fische lebten, erzählen uns heute die Fossilien. Einblicke in diese längst ausgestorbene Welt gewährt das vom Tessiner Architekten Mario Botta umgebaute Fossilienmuseum in Meride.

Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen

Um 4000 vor Christus kamen die ersten Pfahlbauer in die Gegend der heutigen Schweiz. An den Seeufern bauten sie kleine Dörfer mit fünf bis zehn Häusern für rund 50 Bewohner und Bewohnerinnen. Ihr wichtigstes Verkehrsmittel war der Einbaum – ein Boot, aus einem einzigen Baumstamm gefertigt. Solch faszinierende Einblicke in das Leben der Pfahlbauer um 5000 bis 500 vor Christus haben wir heute dank Funden organischer Materialien wie Holz, Textilien, pflanzliche Reste oder Knochen. Sie sind ein einzigartiges Zeugnis einer verschwundenen Kultur und deshalb als Weltkulturerbe ausgezeichnet, das in sechs Ländern (CH, D, F, I, SLO, A) 111 Fundstellen umfasst – 56 davon befinden sich in der Schweiz. Was die Archäologinnen und Archäologen ausgegraben haben, kann in diversen Museen bestaunt werden. Und wer erleben will, wie die Pfahlbauer gewohnt haben, findet Nachbauten ihrer Häuser beispielsweise im Museum Laténium in Hauterive (NE).

Schönste Schweiz!

Dieser Reiseführer enthält neben informativen Texten, hervorragenden Bildern und Insider-Tipps von Einheimischen auch Informationen zur Anreise, zu Veranstaltungen und liefert Ideen für originelle Ausflüge in den entsprechenden Regionen.

Üsé Meyer / Reto Westermann: «Schönste Schweiz! – Unterwegs zu den Schweizer Unesco-Welterbestätten», 4. Auflage, 2020, 208 Seiten.

Bonusangebot für VCSMitglieder: Bestellen Sie das Buch für 27 statt 34 Franken mit dem Gutscheincode «GRG7-4003» unter shop.beobachter.ch, gültig bis am 30. November 2023.

|
Diese Seite wird nur mit JavaScript korrekt dargestellt. Bitte schalten Sie JavaScript in Ihrem Browser ein!
.hausformat | Webdesign, TYPO3, 3D Animation, Video, Game, Print