Tulpenmeer am Genfersee

© John O'Neill/WikiCommons

Jeden Frühling blühen 120 000 Tulpen am Ufer des Genfersees, im Parc de l’Indépendance in Morges, um die Wette. Loblied auf eine Blume mit grosser Verführungskunst.


Gegen 1630 wurde in Holland ein Seemann ins Gefängnis gesteckt, weil er etwas gegessen hatte, das er für eine Zwiebel hielt. Leider handelte es sich bei der vermeintlichen Knolle um eine Tulpenzwiebel. Die Delikatesse (die keine war) hatte einen Wert, mit dem der arme Kerl seine Schiffsmannschaft ein ganzes Jahr lang hätte ernähren können.

Die hübsche Geschichte ist vermutlich, wie viele ihrer Art, nur eine Legende. Man müsste schon von Sinnen gewesen sein, um einen so wertvollen Gegenstand einfach einem hungrigen, unbedarften Matrosen zu überlassen. Doch die Anekdote hat einen wahren Kern: Die Tulpe entwickelte nämlich einst eine derartige Anziehungskraft, dass sie zu einer Handelsware wurde, für die völlig überrissene Preise bezahlt wurden.

Um den Hype um die Tulpe im 17. Jahrhundert zu verstehen, muss man wissen, was sie für die Gärtner der damaligen Zeit bedeutete. Die Blume war eben erst aus Persien und der Türkei importiert worden. In Europa konnte man zum ersten Mal eine Pflanze mit einer derartigen Farbintensität bewundern. Rasch landete die Tulpe deshalb in den Gärten der Fürstenhäuser, es wurden unzählige neue Varianten gezüchtet, eine schöner und kostbarer als die andere.

Heute hat die Blumenzwiebel ihren hohen Marktwert längst eingebüsst. Doch wenn sie im Frühling zu blühen beginnt, ist das noch immer ein besonderes Naturschauspiel. Die holländischen Tulpenfelder in Holland oder die Tulpengärten in Istanbul sind verlockende Reiseziele. Nur: Warum denn in die Ferne schweifen? Auch wir haben unser kleines Tulpenparadies, im Parc de l’Indépendance beim Schloss Morges.

Fête de la Tulipe, Tulpenfest, heisst der Anlass. Die Blütenpracht beginnt Ende März. Zunächst erblühen die frühen Sorten, wie die an ihrem kurzen Stiel erkennbare Greig-Tulpe. Ab Mitte April wird es Zeit für die Königinnen unter den Tulpen. Auf unserem Spaziergang bewundern wir eine wahre Pracht an Formen und Farben, ausgefranste Tulpen, Viridiflora, Papageien-, Triumph- oder auch Hybrid-Tulpen.

Im Hintergrund leuchtet der tiefblaue See mit den warmen Farben der Blumen um die Wette. Wir flanieren unter jahrhundertealten Bäumen wie den eindrücklichen Kastanien von 1750 oder den riesigen Mammutbäumen, die den Blick auch mal in die Höhe schweifen lassen. Jede Ecke des Parks, jeder Winkel ist ein kleines Meisterwerk unter freiem Himmel. Hie und da treffen wir statt auf Tulpen auf leuchtende Narzissen-, Hyazinthen- oder Muscari-Beete – ein Vertreter des Fauvismus hätte sie nicht schöner malen können.

Die Gärtner der Stadt Morges sind ohne Zweifel Meister ihres Fachs. Die ganz grosse Arbeit erledigen sie schon im Herbst, wenn sie um die 120 000 Zwiebeln pflanzen müssen. Unterstützt werden sie dabei von Lernenden des Berufsbildungszentrums Morges, die zudem jedes Jahr eine Reihe eigener Beete bepflanzen.

Nützliche Infos

Tulpenfest: Das Fest fand erstmals 1971 zum 50. Geburtstag der Section Léman des Waadtländer Gärtnerverbands statt. Der Anlass wurde zum Grosserfolg und wird seither jedes Jahr durchgeführt. Freier Eintritt, bis 8. Mai 2016.

Anreise:Der Parc de l’Indépendance liegt zehn Fussminuten vom Bahnhof Morges entfernt, mit dem Bus ist er in vier Minuten erreichbar.

Programm:Im Rahmen des Tulpenfestes finden zahlreiche Aktivitäten statt, siehe www.morges-tourisme.ch/tulipe.

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