Touren in die Natur

Österreich im Nachtzug entdecken

Deutschland, Italien, Österreich: Die Nachbarländer der Schweiz sind mit dem öffentlichen Verkehr gut erreichbar, auch wenn die Reise manchmal mehrere Stunden dauert. Damit die Zeit schneller vorbeigeht, gibt es eine ideale Lösung: schlafen!

Im Gegensatz zu ihren europäischen Konkurrentinnen glaubt die österreichische Bahn ÖBB fest an das Potenzial des Nachtzugs. Vor kurzem hat sie die ursprünglich von der DB, ihrer deutschen Schwestergesellschaft, betriebenen Verbindungen übernommen und bietet nun 15 Nachtreisen zwischen Österreich, Deutschland, der Schweiz und Italien an. Ob in der Couchette oder im Schlafwagen, mit den verschiedenen angebotenen Kategorien wird der Reisende sicher die Option finden, die für seine Reise passt. Unsere erste Etappe: Die Stadt Wien, bekannt für ihre Geschichte und Kultur. Um in die Hauptstadt Österreichs zu gelangen, schliesst man einfach die Augen, lässt sich vom Zug in den Schlaf wiegen, und erwacht zehn Stunden später in der Wiener Sonne.

Wien entdecken

Zum achten Mal hintereinander setzt die Mercer-Studie Wien auf Platz 1 des Lebensqualitäts-Rankings für die grössten Städte der Welt. Die Metropole ist unter anderem bekannt für ihre Velo-Infrastrukturen, den flüssigen Verkehr oder auch die Qualität ihres ÖV-Netzes. Was den letzten Punkt betrifft, so stimmt es durchaus, dass die Stadt ein breites Mobilitätsangebot hat: Mit den Metro-, Bus- und Tramlinien können all die historischen Sehenswürdigkeiten besucht werden, an denen es Wien bekanntlich nicht mangelt. Doch man kann auch vom schönen Wetter profitieren und dank dem City Bike-Angebot mit 120 Abstellplätzen selber auf den hervorragend eingerichteten Velowegen in die Pedale treten. Oder man steigt, um richtig in die Geschichte einzutauchen, in eine Kutsche und lässt sich durch die Altstadt führen.

Mit ihrer jahrhundertealten Geschichte zieht die Stadt Wien alle Touristen in ihren Bann. Um deren Besuch angenehm und einfach zu gestalten, gibt es vorteilhafte ÖV-Tickets in Kombination mit vielen touristischen Attraktionen. Mit der Vienna City Card zum Beispiel profitiert man von reduzierten Eintrittspreisen für über 200 Angebote und fährt dazu 24, 48 oder 72 Stunden lang gratis Metro, Bus und Tram. Das erstaunlich billige Konzept (weniger als 25 Euro für 72 Stunden) lässt dem Besucher alle Freiheiten bei der Erkundung der Stadt.

Das historische Stadtzentrum

An einem Wochenende erhält man einen guten Überblick über die Vielfalt der Wiener Sehenswürdigkeiten. Die ehemalige Hauptstadt des römisch-germanischen Kaiserreichs und des Erzherzogtums bzw. des Kaiserreichs Österreich glänzt mit zahlreichen prächtigen Monumenten aus all den verschiedenen Epochen. 

Das während langer Zeit von imposanten Festungen geschützte Stadtzentrum ist heute von der breiten Ringstrasse umschlossen. Es gehört seit 2001 zum UNESCO-Weltkulturerbe und setzt sich aus einer grossen Ballung von Gebäuden verschiedener Epochen und Stile zusammen. Dieser Stadtteil, das so genannte historische Wien, lässt sich gut zu Fuss entdecken. Der Rundgang beginnt bei den Sehenswürdigkeiten am Ring. Das Parlament, ein beeindruckendes Gebäude vom Ende des 19. Jahrhundert, zieht mit seiner griechisch inspirierten Architektur und den majestätischen Statuen sofort die Blicke auf sich. Nicht weit davon entfernt befindet sich das Rathaus. Das in neugotischem Stil erbaute Gebäude erreicht fast 100 Meter und steht dem berühmten Burgtheater gegenüber, dem grössten deutschsprachigen Theater der Welt.

Nach diesem ersten Überblick widmen wir uns dem eigentlichen Zentrum. Die Hofburg mit einem Dutzend Gebäuden und über 2500 Zimmern ist der grösste Wiener Palast. Ihr Bau begann bereits 1220 und zog sich über Jahrhunderte hinweg. Die lange Entwicklung erklärt auch den unglaublichen Stilmix in der Winterresidenz der Habsburg-Dynastie. Der von wundervollen Gärten umgebene Palast beherbergt heute verschiedene Museen sowie Wohnungen unter anderem für den Staatspräsidenten der Republik Österreich. 

In den belebten Gassen des Stadtzentrums steht Geschäft an Geschäft, unterbrochen nur von typischen Cafés. Man flaniert auf den sonnenerwärmten Pflastersteinen, um zum Stephansdom zu gelangen, dem eigentlichen Wahrzeichen von Wien. Mit seinem farbigen Dach und dem eleganten Turm ist das in gotischem Stil erbaute Gotteshaus das höchste Gebäude der Stadt. Der im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigte Dom wurde in nur sieben Jahren neu errichtet und so auch zum Symbol des Wiederaufbaus in Österreich.

Kultur und Gastronomie

Man kann Wien nicht besuchen, ohne sich von der Magie der Museen anstecken zu lassen. Die Auswahl ist schwierig, gibt es doch in der ganzen Stadt über hundert Museen. Viele sind der Kunst gewidmet und stellen historische Meisterwerke oder zeitgenössischere Kunstwerke aus. Die Wiener Geschichte erscheint hier in all ihren Facetten: Leben im Kaiserreich, Eroberungen, Krieg und Liebe.

Bei unserem kurzen Aufenthalt entscheiden wir uns für das Kunstmuseum. Das riesige Gebäude vom Ende des 19. Jahrhunderts befindet sich im Museumsquartier und steht gegenüber dem naturhistorischen Museum, einem ebenso imposanten Bau, was dem Quartier eine unglaubliche Atmosphäre verleiht. Der Besucher, der durch die schwere Eingangstüre tritt, taucht in eine einzigartige Welt ein. Die hohen, prestigeträchtigen Decken mit riesigen Skulpturen und Malereien erinnern uns daran, wie klein wir selber sind. Die Säle enthalten zahlreiche Werke aus den alten Sammlungen der Familie Habsburg. Griechische, etruskische, römische und ägyptische Kunst komplettiert die beeindruckende Sammlung von Gemälden der grössten europäischen Künstler.

Nach diesem Besuch ist es Zeit, sich der Wiener Gastronomie zu widmen. Die österreichische Hauptstadt ist berühmt für ihr Schnitzel, das in den meisten Restaurants der Stadt angeboten wird. Wer nur einen schnellen Imbiss möchte, begnügt sich mit einer offen verkauften Wurst. Österreichischer Fastfood… Die Cafés der Stadt wiederum, Symbole der Wiener Lebensfreude, sind für jeden Besucher ein Muss. Hier isst man ein Stück der berühmten Sachertorte mit Schokolade und Aprikosenmarmelade.

Ausserhalb des Zentrums

Das Stadtzentrum von Wien hat viel Wunderbares zu bieten, doch es gibt in der Metropole auch noch andere Dinge zu sehen. Mit dem Tram erreicht man den Prater, mit 6 Millionen Quadratmetern die eigentliche Lunge der Stadt. Zur grossen Grünfläche mitten in der Stadt gehört der atypische Vergnügungspark, dessen Riesenrad eine wunderbare Aussicht über Wien garantiert. 

Was wäre Österreich ohne seine Schlösser? Das bekannteste und beliebteste in Wien ist natürlich die Schönburg, Sommerresidenz der Kaiserfamilie. Hier kann man ohne weiteres einen ganzen Tag verbringen, um die Vielfalt des Gebäudes, die Schönheit seiner Gärten und die Geschichte der Bewohner zu entdecken. Etwas näher beim Zentrum lockt auch das Schloss Belvedere, in dem die weltweit grösste Sammlung von Werken von Gustav Klimt zu bewundern ist.

Graz, Hauptstadt der Steiermark

Etwas mehr als zwei Stunden Zugfahrt trennen Wien von Graz, der zweitgrössten Stadt Österreichs. Die europäische Kulturhauptstadt 2003 verbindet elegant ein schönes historisches Erbe mit einem subtilen avantgardistischen Geist. Als Universitätsstadt (vier Universitäten und zwei Fachhochschulen) zeichnet sie sich durch eine im Vergleich zum riesigen Wien lockerere und bescheidenere Atmosphäre aus.

Die mittelalterlichen Gassen schlängeln sich durch historische Gebäude und geben den Blick auf hübsche Innenhöfe frei. Graz ist sehr angenehm zu Fuss oder mit dem Tram zu entdecken, Letzteres mit dem nicht unwesentlichen Vorteil, dass es im ganzen Stadtzentrum gratis ist. Dieses Zentrum, UNESCO-Weltkulturerbe, hat viele tolle Sehenswürdigkeiten wie das Rathaus oder den St.-Ägidius-Dom mit einem faszinierenden Innenleben zu bieten. Mit grossem Vergnügen flaniert man durch die Strassen der ältesten Fussgängerzone Europas.

Der Schlossberg, der grüne Hügel um den herum sich die Stadt gebildet hat, ist zu Fuss, per Lift oder mit der Standseilbahn erreichbar. Ganz oben erwarten den Besucher ein prächtiges Panorama, der Uhrturm und weitere Überreste der Burg, die einst an dieser Stelle thronte.
Die Wiener Paläste sind nicht fern, doch in Graz besucht man das Schloss Eggenberg. Das in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts von Kaiser Ferdinand II. errichtete Gebäude befindet sich leicht ausserhalb der Stadt, ist aber mit dem Tram problemlos erreichbar. Es ist von einem grossen Naturpark umgeben, wo man unter anderem auf Pfauen, Kaninchen und Mufflons treffen kann.

Geschichte und Moderne

Durch die ehrwürdige Grazer Vergangenheit weht auch ein etwas stürmischerer Wind der Moderne. Als die Stadt 2003 zur Kulturhauptstadt Europas erkoren wurde, beschloss man, für die Feierlichkeiten ein neues Kunstmuseum zu bauen. Nach einem Architekturwettbewerb wurde der Mur entlang – dem Fluss, der durch die Stadt fliesst – ein futuristisches Gebäude im Stil eines Raumschiffs errichtet. Das von den Grazern liebevoll «our friendly alien» genannte Museum beherbergt zeitgenössische Kunstausstellungen. Als perfekte Mischung von traditionellen und modernen Kulturströmungen nimmt das Gebäude mit seiner wellenförmigen Oberfläche die Silhouette der Altstadt wieder auf.

Vor der Kürung zur Kulturhauptstadt war Graz 2001 UNESCO-Stadt des Designs. Die in Graz stark verankerte Designindustrie fördert Design- und Kunstschaffende vor allem während des Designmonats, der jedes Jahr im Frühling stattfindet. Doch die kreative Energie ist während des ganzen Jahres spürbar. Zahlreiche kleine Boutiquen bieten originelle Produkte und Kreationen an.

Wie Wien pflegt auch Graz ein geschicktes Gleichgewicht zwischen Stadt und Natur. Zahlreiche Pärke und Gärten tragen hier wie anderswo zum angenehmen Charakter der österreichischen Städte bei. Nach diesen paar Tagen wunderbarer Entdeckungen ist es Zeit, mit dem Couchette-Wagen heimzufahren. Im Grazer Bahnhof erwartet uns der Zug für eine lange Nacht, in der wir Österreich von Ost nach West durchqueren, um am frühen Morgen die Schweiz zu erreichen.

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