Autobesitz und Glück

Edward Weber  VCS-Magazin 2/2023

Die Glücksforschung zeigt: Wer beim nächsten Umzug, Nachwuchs oder Arbeitsplatzwechsel darüber nachdenkt, das Auto zu verkaufen, soll es tun. Freiwillig ohne eigenes Auto zu leben, macht – zumindest temporär – glücklicher.

Die Werbung zeigt uns deutlich: Ein Auto zu besitzen und damit zu fahren ist mit positiven Emotionen verbunden. Doch wie sieht es in der Realität aus – und wie verhält es sich andersrum? Sind wir weniger glücklich, wenn wir unser Auto verkaufen? Diese Frage hat Ann-Kathrin Hess von der Universität Basel untersucht.

Die Ergebnisse zeigen: Normalerweise hat die Abwendung vom Auto nicht nur keinen negativen, sondern einen positiven emotionalen Effekt. Wer sein Auto weggibt, verspürt in den folgenden Jahren mehr Momente des Glücks. Dies könnte beispielsweise damit zusammenhängen, dass jemand nicht mehr mit dem Auto zur Arbeit fährt. Autopendeln ist eine derjenigen Tätigkeiten, die gemäss Forschung am unzufriedensten macht. Den Arbeitsweg zu Fuss oder mit dem Velo zurückzulegen, ist für das Wohlbefinden deutlich vorteilhafter.

Anders verhält es sich bei denjenigen Menschen, die das Auto abgeben, weil sie es sich nicht mehr leisten können. Im ersten Jahr ohne Auto sind sie zwar nicht allgemein, aber spezifisch in Bezug auf ihre Freizeitaktivitäten unzufriedener als vorher. Vermutet wird, dass dies daran liegt, dass das Umsteigen auf andere Verkehrsmittel in der Freizeit schwieriger ist, als beispielsweise beim Pendeln.

Effekt von kurzer Dauer

Auffallend ist, dass – aus welchen Gründen auch immer die Abkehr vom Auto erfolgte – die allgemeine Lebenszufriedenheit der Person spätestens im dritten Jahr nach der Abgabe des Autos wieder auf das gleiche Niveau zurückgeht wie vorher.

Dies deckt sich mit einer wichtigen Erkenntnis aus der Glücksforschung: Wie glücklich jemand ist, hängt vor allem von der Genetik und Sozialisation ab. Nach den Kinder- und Jugendjahren haben deshalb alle ihr persönliches «Grundlevel» an Glück. Selbst der Einfluss grösserer Ereignisse wie der Kauf eines Eigenheims, die Geburt eines Kindes oder ein schwerer Unfall verpufft meist nach wenigen Jahren.

Die Dauer des Glückseffektes nach einem Autokauf reicht übrigens nicht einmal annähernd an diejenigen der obigen Ereignisse heran. Für ein längerfristiges höheres «Glückslevel» reichen Konsumgüter nicht aus, dazu braucht es eine Änderung der grundlegenden Einstellung. Dann kann sogar ein Gegenstand eine Quelle des andauernden Glücks sein. Fazit: Wer glücklicher leben will, gibt sein Auto ab (aber freiwillig!) oder schenkt ihm mehr Aufmerksamkeit.

Studie: Hess, Ann-Kathrin. (2022). The relationship between car shedding and subjective well-being. Transportation Research Interdisciplinary
 

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