#Velofahren

Velotaschenverleih als Mahnung an die SBB

Selim Egloff und Edward Weber  VCS-Magazin 2/2023

Wann die SBB wieder von der Veloreservationspflicht abrücken werden, steht in den Sternen. Höchste Zeit also, über andere Lösungen zu sprechen.

Der Velotransport in den Zügen ist eine Baustelle der SBB. Auch in diesem Sommerhalbjahr und wohl auch in den darauffolgenden ist das Gerangel um die knappen Stellplätze im Zug programmiert – direkt vor Ort oder virtuell im Reservationssystem. Zwar betonen die SBB stets, dass sie bei ihrem Rollmaterial mehr Veloplätze einplanen und -bauen – begleitet vom Versprechen, die Reservationspflicht wieder aufzuheben. Wann sie dieses einlösen werden, bleibt aber ungewiss.

Handgepäck als Lösung

Eine Möglichkeit, die Problematik zu umgehen, ist die Mitnahme des Velos als Handgepäck. So entledigt man sich nicht nur der Reservationspflicht, sondern spart auch gleich noch das Velobillett. Dazu muss das Velo mit demontiertem Vorderrad in einer Transporttasche verpackt werden. Dies mag auf den ersten Blick nach einem schwierigen Unterfangen klingen, lässt sich aber üben. Tatsächlich sind die Demontage und das Verpacken jedoch eine Sache von einigen wenigen Handgriffen.

Es gibt auch Nachteile

So verpackt lässt sich das Velo in den Zügen überall dort verstauen, wo es anderen Reisenden nicht im Weg steht. Einen, je nach Velo gewichtigen, Nachteil gibt es: Bleibt bei knappen Umsteigzeiten und an grösseren Bahnhöfen keine Zeit, das Mobilitätswunder Velo aus- und wieder einzupacken, wird es gleichsam zum Klotz am Bein.

Gratis Velotaschenverleih für VCS-Mitglieder

Wollen Sie Ihr Velo ohne Reservation und Billett im ÖV transportieren? Dann machen Sie von unserem kostenlosen Velotaschenverleih Gebrauch. VCS-Mitglieder können bis zu zwei Taschen reservieren und entweder gratis im Sekretariat in Bern abholen oder per Post (zuzüglich Versandkosten) nach Hause bestellen.

Weitere Infos

Im Einsatz erprobt

Nimmt man diesen Nachteil in Kauf, bietet der Velotransportsack eine gute Alternative zum herkömmlichen Selbstverlad. So haben VCS-Mitarbeitende ihre Fahrräder schon in öffentlichen Verkehrsmitteln aller Art transportiert: im historischen Funiculaire am Brienzersee, auf dem Kursschiff, im italienischen Hochgeschwindigkeitszug oder in Nachtzügen in alle Himmelsrichtungen – das Velo am liebsten verpackt in die schönen VCS-Velotaschen.

Gleichberechtigte Platzansprüche

Wir sind uns bewusst: Velos brauchen – verpackt oder unverpackt – Platz im ÖV, und dieser ist leider oft knapp. Genauso wie Velofahrende haben andere Fahrgäste berechtigte Platzansprüche. Wir wünschen uns für die Zukunft, dass Velos, Kinderwagen und Gepäckstücke niemandem den Weg versperren oder den Platz streitig machen. Es ist die Aufgabe der Bahnunternehmen, genügend Platz bereitzustellen und alle mitzunehmen, die den ÖV nutzen wollen, statt durch kontingentierte Reservationspflichten einzelne Gruppen zu beschränken.

Der VCS setzt ein Zeichen

Neu stellt der VCS allen Mitgliedern Velotransporttaschen leihweise zur Verfügung. Mit dieser Aktion wollen wir auch die SBB an ihre Transportpflicht erinnern.

    

Leserbrief: «Die Reservationspflicht löst das Problem nicht»

Seit zwei Jahren ist man verpflichtet, an Wochenenden und in internationalen Zügen für ein Velo eine Reservation zu tätigen. Pro-Velo und VCS haben dem Bundesrat eine Petition überreicht, die auf den Missstand hinweisen sollte, die durch die Reservation nicht gelöst wird – im Gegenteil, wie das Beispiel zeigt:

Am Wochenende fahre ich von Visp nach Zürich, habe eine Reservation vorgenommen, doch der Zug ist überfüllt, die Veloplätze sind durch Gepäck versperrt. ich hüte das Velo vor den Einstiegstüren.

Da ich in Bern einen Termin habe, muss ich für die Reise nach Zürich die zweite Reservation buchen. Hier dasselbe: mein Veloplatz ist bereits besetzt durch ein Velo, dessen Hinterrad zwischen Koffer gepresst ist. Der Zugbegleiter ist zwar bemüht, weist mir einen Wagen weiter vorne zu, doch hier dasselbe: Das Velo und ich bleiben im Eingangsbereich.

Am Abend muss ich nach Schaffhausen und auf dem Rückweg nehme ich den IC von Stuttgart um 22:46 Uhr. Ich kenne diese Verbindung gut, bin sie jahrelang gefahren und weiss, dass sie auch an Sonntagen und zu Ferienbeginn bzw. -ende wenige Passagiere transportiert. Im Ganzen Zug kein einziges Velo, ausser meines. Ich hänge es ein. Der Zugbegleiter rügt mich, ich hätte eine Reservation machen müssen, ich erzähle ihm von meiner Odyssee an diesem Tag. Nach einer kurzen Diskussion sieht er von einer Busse ab.

Durch die gebührenpflichtige Reservation wird das zunehmende Transportproblem von Velos nicht gelöst, sondern den Reisenden aufgebürdet. In Spitzenzeiten ist es eine Illusion, den reservierten Veloplatz einnehmen zu können. Die Zugbegleiter wissen um das Problem und machen in überfüllten Zügen gar keinen Rundgang, weil sie – zu Recht – den Ärger der Passagiere fürchten, auch weil die Leute frei Plätze nicht freigeben. Nur einmal habe ich erlebt, dass eine junge, entschlossene Zugbegleiterin die Leute angehalten hat, Ihr Gepäck zu verstauen und die Sitzplätze neben sich freizugeben.

Sind die SBB wirklich im Zeitalter des nicht-motorisierten Verkehrs angekommen? Wieso schaffen sie nicht mehr Veloplätze? Jede und jeder kennt die Antwort: aus ökonomischen Gründen. Aber dann soll sie nicht noch lächerliche Vorschriften erlassen – das Chaos funktioniert auch ohne solche.

    

VCS-Magazin 2/23


Selim Egloff (Projektleiter Verkehrspolitik) und Edward Weber (Projektleiter Mobilität der Zukunft)

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