Berg mit fantastischer Aussicht

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Beim Abstieg vom Mottarone hat man einen schönen Ausblick auf den Ortasee.

Auf der Strecke von Stresa nach Pettenasco am Ortasee gilt es, den Mottarone zu erobern. Dieser ist berühmt wegen des umwerfenden Panoramas. Weniger bekannt ist seine Vergangenheit als Treff-punkt der Aristokratie.

Ein Zentrum der Belle Époque

Das Gasthaus und später die Bahn machten den Mottarone zu einem Zentrum der Belle Époque. Ab 1908 empfing es auch im Winter Gäste. Die Sportlichen unter ihnen vergnügten sich beim Skifahren oder schossen auf dem Bobrun nach Stresa hinunter. Weil vor allem Städter aus der Lombardei sich für die Leibesübungen auf Schnee und Eis begeisterten, hiess der Mottarone nun «Berg der Mailänder».

Im Januar 1935 fand an einem der Hänge der erste internationale Riesenslalom auf italienischem Schnee statt. Ganz der Mussolini-Zeit entsprechend wurde er per Dekret nach dem «Duce» benannt. Der Zweite Weltkrieg beendete diese Freuden. Die Engländer waren plötzlich Feinde und blieben weg. Dafür suchten immer mehr Flüchtlinge und Vertriebene Zuflucht auf dem Berg. 1943 brannte das Grandhotel nach einem Kurzschluss ab. Es wurde nie wieder aufgebaut.

Die heutigen Herbergen sind bescheidener. Das Rifugio Gran Baita des Club Alpino Italiano (CAI) besitzt aber eine freundliche Atmosphäre in der gemütlichen Gaststube. Es steht seit 1946 auf der Westseite, blickt auf Ortasee und Monte Rosa, etwas abseits des Trubels, der zuweilen den Gipfel belebt. Nach dem Nachtessen und der Grappa ist der Sonnenuntergang eine empfehlenswerte Zugabe. Sobald die Feuerkugel mit der ihr eigenen dramatischen Herrlichkeit hinter die Zacken abgetaucht ist, nimmt der See einen bleiernen Glanz an, der bald erlischt.

Wie der Dom einer uralten Stadt wacht jetzt über allen Gipfeln und Zinnen der Monte Rosa. Er glimmt in der Finsternis schwach nach, so als reflektiere sein Firn im Dunkeln das Funkeln der Sterne. Der einsame Wanderer auf dem Berg kommt sich unter den Galaxien ein wenig verloren und unbedeutend vor. Eines steht fest: Der Mottarone besitzt auch in der Nacht ein Panorama fantastico.

Für den Abstieg gibt es dann verschiedene Möglichkeiten: mit der Luftseilbahn, auf einer anderen Route zur Mittelstation oder Richtung Westen auf dem Wanderweg nach Omegna. Und wenn man schon in Stresa ist: eine schöne Frühlings- oder Herbstwanderung.

Informationen

Anreise/Rückreise: Mit dem Zug bis Stresa (Linie Domodossola–Milano). Rückreise evtl. auch mit Zug ab Omegna (Linie Domodossola–Novara)

Karte: Carta Escursionistica des CAI, Nr. 17, Mottarone (1:25 000)

Charakter: Technisch leicht, körperlich mittelschwer. Markierte Wege.

Beste Jahreszeit: Juni bis Oktober.

Übernachten: Rifugio Gran Baita unterhalb des Mottarone-Gipfels (baitacaimottarone.com)

Wanderzeit: Aufstieg ca. 3 Std. Abstieg zur Mittelstation ca. 1 Std., Abstieg Omegna via l’Olmo und Tre Alberi, ca. 2,5 Std.

Der Gipfel des Monte Mottarone liegt auf 1492 m ü. M., ist somit nur mittelhoch. Aber er ruht so frei und unbedrängt zwischen dem Lago Maggiore und dem Lago d’Orta, dass der Rundblick selbst abgebrühte Panoramafachleute ins Schwärmen bringt. 1954 stufte die New York Times die Aussicht vom Mottarone unter die zehn faszinierendsten der Welt ein. In Italien trägt er den Zusatznamen montagna dai panorami fantastici. Besonders fantastisch ist die Fernsicht, nachdem Regen und Wind den norditalienischen Industrie und Verkehrssmog weggefegt haben und die Sonne wieder scheint. Dann sieht man, wie die Alpen im Süden in die Poebene auslaufen.

Man glaubt den Einheimischen aufs Wort, die beteuern, sie hätten an solchen Fototagen die Türme und Spitzen des Mailänder Doms erkannt und die Krümmung der Erdoberfläche gleich dazu. Nicht umsonst wird der Mottarone als Rigi Italiens bezeichnet. Der Tessiner Alpinist und Politiker Federico Balli (1854−1889) bezog sich darauf, als er schrieb: «Das Panorama der Rigi ist streng, jenes des Mottarone voller Lächeln. Auf die Rigi würde ich mich begeben, wenn ich des Lebens müde bin. Auf dem Mottarone möchte ich die Flitterwochen verbringen.»

Zum Wandern eignet sich der Mottarone auch ausserhalb der Flitterwochen. Wobei ihn viele Wege erschliessen. Er ist mehr als ein Berg, nämlich ein knapp zwanzig Kilometer langes Gebirge mit etlichen Nebengipfeln, das sich von der Mündung des Toce bis ins Novarese erstreckt. Für Bahnreisende ist Stresa ein guter Ausgangspunkt, um ihn zu entdecken. Die untere, für Zu-Fuss-Gehende weniger interessante Stufe überwindet man vorteilhafterweise mit der Luftseilbahn. Beim Hinaufschweben hat man ein paar Minuten Zeit für den ersten Blick auf den Lago Maggiore und die Borromäischen Inseln.

Die alte Zahnradbahn

Die Seilbahn gibt es seit 1970. Von 1911 bis 1963 brachte eine Schienenbahn die Passagiere nach oben. Die Ferrovia Stresa-Mottarone (FSM) war die erste italienische Zahnradbahn, und sie besass gleich zwei Talstationen: die eine beim Bahnhof, die andere am See. Die gelben, von der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik Winterthur (SLM) gelieferten, elektrischen Triebwagen benötigten für die zehn Kilometer Schienenweg fünfviertel Stunden. Es war bestimmt ein schönes Erlebnis, sich dem Höhepunkt so bedächtig zu nähern. Eisenbahnliebhaber vermissen es heute noch. In den autoverrückten 60er-Jahren erachteten viele die Eisenbahn aber als obsolet und unproduktiv. Die Gemeinde Stresa forderte die FSM auf, die Gleise aus den Gassen zu entfernen, um Platz für den Privatverkehr zu schaffen.

Von der Mittelstation der Luftseilbahn führt ein Fussweg direkt auf den Mottarone. Er benutzt im oberen Teil das ehemalige Bahntrassee. Es lohnt sich jedoch, den Umweg über den Monte Zughero zu machen. Die Route folgt zunächst den Höhenkurven auf einem Natursträsschen nach Norden; sie überquert mehrere Bergbäche und beginnt erst nach einer Stunde zu steigen, dann aber richtig. Der Zughero (1230 m ü. M.) ist eine erste Aussichtsplattform über dem Langensee samt Metallkreuz und Gipfelbuch. Er besteht aus rötlichen Felsen. Ihre runden, durch tiefe Kerben unterteilten Formen erinnern an Elefanten.

Man durchquert jetzt ein kleines Tal, kommt auf der anderen Seite zum Rifugio Alpe Nuovo, wandert über einen Rücken und erreicht eine halbe Stunde später den Kulm. Die Besucher teilen sich die kahle Fläche mit drei Antennenmasten sowie den Touristinnen, die das Panorama und sich selber auf dem Handy verewigen. Sommerrodlerinnen kurven auf den Metallschienen des «Alpylands» hinunter bis zur Bergstation der Luftseilbahn. Auf dieser Geländestufe 120 Höhenmeter unterhalb des Gipfels endete einst auch die Zahnradbahn: neben dem Grandhotel, einer weiteren verschwundenen Attraktion. Nach der Eröffnung 1884 fand sich im noblen Etablissement eine aristokratische Kundschaft aus Italien und halb Europa jeweils zur Sommerfrische ein.

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