Dordogne oder Périgord?

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Was passiert, wenn man die erste Silbe der Dordogne und die dritte des Périgord übereinanderlegt? Richtig, es bleibt das Wort «Or» («Gold») übrig. Zufall? Mitnichten. Denn die Region im Südwesten Frankreichs verdient durchaus eine Goldmedaille.

Vor einiger Zeit erzählte mir eine Freundin, dass sie sich nicht entscheiden könne, ob sie in die Dordogne oder ins Périgord in die Ferien wolle. In ihrer Vorstellung stand die eine Region für intakte Natur, die andere für hervorragendes Essen. Sie musste sich entscheiden zwischen der landschaftlichen Schönheit und den Gourmetfreuden! Oder etwa doch nicht...? Dordogne und Périgord bezeichnen nämlich ein und dieselbe Region. Nur dass der Name Périgord aus viel älterer Zeit stammt. Er steht für starke, authentische Werte und wird heute vor allem im Zusammenhang mit der Geschichte und der Gastronomie gebraucht. So spricht man beispielsweise vom «Périgord-Trüffel» und nicht vom «Dordogne-Trüffel».

Abgesehen von dieser kleinen Verwirrung hatte meine Freundin mehr als Recht, in diese Region fahren zu wollen. Sie ist so vielfältig, dass sie unzählige Besuchs- und Wandermöglichkeiten bietet. Dörfer, Schlösser, Gärten, Grotten, aber auch Flüsse, Wälder und tolle Aussichtspunkte kann der Besucher entdecken.

Ausgangspunkt unserer Rundreise ist die Gegend um Bergerac. Wie in Monbazillac oder Pécharmant sind auch hier die Weine eine feste Institution. Wir schlendern durch Bergerac, eine äusserst charmante Stadt mit labyrinthischen Strässchen, hübschen Plätzen und schönen Fassaden aus dem 17. Jahrhundert. Rundum, beidseits des Flusses Dordogne, wachsen Reben. Dann sind wir in der Maison des vins im historischen Stadtzentrum verabredet, wo wir umfassend über die Weine in der Umgebung informiert werden.

Beim Schloss Monestier La Tour lassen wir uns von der lieblichen Landschaft verzaubern. Der Besitzer, Karl-Friedrich Scheufele, ist eng mit der Schweiz verbunden. Seit er 2012 das Gut übernommen hat, wird biodynamisch angebaut. «Es geht darum, dass sich die Rebe mit möglichst wenigen Eingriffen optimal entfalten kann» erklärt man uns. Wir erfahren, dass der Boden mechanisch bearbeitet wird, um die natürliche Entwicklung von Fauna und Flora zu fördern. Seither wird beim Anbau der Reben mehr Rücksicht genommen auf die Beschaffenheit des Gebiets, den Charakter jeder Parzelle und jeder Rebsorte.

Unsere Weintour hätten wir problemlos noch ein paar Tage fortsetzen können. Stattdessen suchen wir die Moulin du Duellas am Ufer der Isle auf. Die Mühle zeugt von den früheren Industrietätigkeiten mit Wasserkraft. Heute ist sie zu einem Ausstellungszentrum geworden, in dem sich im Sommerhalbjahr regionale Künstlerinnen und Künstler präsentieren. Zur Duellas-Anlage gehört auch ein Grünbereich, der die Vielfalt des lokalen Ökosystems (Weideland, Auwälder) bewahren will. Doch letztlich ist es der Fluss, der uns magisch anzieht. Ein Boot will gerade ablegen, wir hüpfen noch rasch an Bord. So kommen wir zu einer idyllischen Flussfahrt, bei der eine manuelle Schleuse nicht fehlen darf.

Von einer Mühle zur nächsten - so könnte man den heutigen Tag überschreiben. Ein paar Kilometer weiter treffen wir auf die Veyssière-Mühle bei Bourgnac. Eine Seifenmanufaktur hat sich dort niedergelassen. Die Leiterin und Aromatherapeutin Nia Hafsia führt uns umher und erläutert uns, dass ihre Produkte vollständig natürlich sind. «Ich mische weder künstliches Färbemittel noch synthetische Aromastoffe bei», betont sie. «Die Rohstoffe wie Olivenöl oder Eselsmilch stammen aus nachhaltiger Landwirtschaft, und wir arbeiten so viel wie möglich mit lokalen Produkten.» Liebenswürdig legt sie uns ausgewählte Pflegeprodukte ans Herz. In der hübschen Boutique haben wir die Qual der Wahl. Wir entscheiden uns für eine Artischockenherz-Petersilie-Brennnessel-Seife und für eine Honig-Caramel-Flüssigseife.

Das Dordogne-Becken, ein UNESCO-Biosphären-Weltkulturerbe, zieht sich wie ein roter Faden durch unsere Reise. Der dritte Tag beginnt mit einem Besuch des Fisch-Aufzugs von Creysse. Ein Fass fängt die flussabwärts wandernden Fische, zieht sie hoch und setzt sie oberhalb der Staumauer von Tuilières wieder aus. «Mit diesem mechanischen, automatisierten System können sie an ihren Geburtsort zurückkehren, um sich dort zu vermehren», wird uns erklärt. Acht Arten, darunter der Atlantiklachs, die Meerlamprete und die Meerforelle, kommen hier vorbei. Während wir einiges über die Geschichte ihrer Wanderungen erfahren, können wir weitere Fische, vor allem Aale, beobachten.

Nach einem Lunch in Trémolat, einem charmanten Dorf mit Wehrkirche, fahren wir Richtung Osten weiter, bis zu einem Punkt, wo zwei Brücken praktisch rechtwinklig aufeinandertreffen: Wir haben den Zusammenfluss von Dordogne und Vézère erreicht. Hier liegt seit Jahrhunderten Limeuil. Der Besuch des Dorfs erfolgt zu Fuss, um die steilen Strässchen und typischen Steinhäuser besser erkunden zu können. In unserem Reiseführer steht, dass Limeuil zum kleinen, erlauchten Kreis der «schönsten Dörfer Frankreichs» gehört, was wir gut verstehen können.

Tag 4 – Eine Reise durch die Dordogne wäre unvollständig ohne den Besuch der Lascaux-Grotten. Doch was in der Schule als Urgeschichte todlangweilig daher kam, erzeugt hier beim Betreten des mythischen Ortes ein leichtes Schaudern. Denn «Lascaux 2» ist die exakte Kopie der seit 1963 nicht mehr öffentlich zugänglichen Originalgrotte ist. Wir bewundern die Tierdarstellungen: Pferde, Auerochsen, Bisons und Steinböcke. Die Präzision des Strichs ist ebenso überwältigend wie die künstlerische Wiedergabe. «Lascaux 4», deren Eröffnung für den nächsten Dezember geplant ist, soll noch kompletter und detaillierter werden. Wir sind gespannt.

Am Morgen, noch bevor wir uns der Höhlenmalerei widmen, machen wir mit einem ganz anderen Meisterwerk Bekanntschaft: dem Jardin de l‘Albarède. Serge Lapouge hat den Garten konzipiert und erschaffen, eine Mischung aus bearbeiteten Bereichen und natürlichbelassenen Teilen. Das Ergebnis ist toll! Umso mehr als der Gärtner sich weigert, Pestizide einzusetzen: «Ich lasse lieber die Natur arbeiten», sagt er.

Ein später Nachmittag im Dörfchen Domme, ein letztes atemberaubendes Panorama der Dordogne, und schon erwartet uns am nächsten Tag die Heimreise in die Schweiz. Nicht ohne einen Abstecher nach Périgueux allerdings, der Stadt, die für ihre Kunstgeschichte berühmt ist. Eine Bilanz? Vier oder fünf Tage sind das absolute Minimum, um diese goldwürdige Region kennen zu lernen. Und auf jeden Fall sind zwei Seiten in einem Magazin zu wenig, um ein richtiges Porträt darüber zu schreiben.

www.dordogne-Périgord-tourisme.fr.

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